“Zick VR” Fresken-Rekonstruktion im Winter 2017/18

Digitale 3D Rekonstruktion und VR Visualisierung der Deckenmalereien von Januarius Zick im Koblenzer Schloss und in Schloss Engers.

In Zusammenarbeit mit dem Mittelrhein Museum in Koblenz entwickeln die Studierenden eine VR Visualisierung der Freskenmalerien von Januarius Zick. Ziel der 3D Rekonstruktion ist es, die zerstörten oder nur eingeschränkt zugänglichen Wandmalereien von Januarius Zick in den Barockschlössern Koblenz und Engers unter Berücksichtigung ihrer architektonischen Einbettung zu dokumentieren und in einem interaktiv erkundbaren Virtual Reality (VR) Ambiente wiederzubeleben, um sie so kritischen Erörterungen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglichig zu machen.

Dabei entscheiden Quellen- und Datenlage maßgeblich über den Rekonstruktionsprozess. Das Kurfürstliche Schloss in Koblenz wurde im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört. Beim Wiederaufbau Anfang der 1950er Jahre wurde die Raumsituation neu aufgefasst und die frühere Ausstattung des Audienzsaals und des Paradeschlafzimmers nicht wiederhergestellt. Schloss Engers hingegen ist weitgehend erhalten, wenngleich im heutigen Zustand historisch überformt und zahlreichen Restaurierungen unterworfen. Aus den verschiedenen Situationen in Koblenz und Engers resultieren unterschiedliche Strategien für die erste Projektphase: die computergestützte 3D Rekonstruktion.

In Ermangelung empirischer Daten steht bei der 3D Rekonstruktion der Räume und Fresken im Koblenzer Schloss eine umfängliche Archivarbeit im Vordergrund: das Heben und Erschließen historischer Quellen und Materialien unterschiedlicher Provenienz sowie deren Auswertung und Interpretation durch die fachlichen Experten. Vom Zustand vor der Zerstörung zeugen nur wenige fotografische Schwarzweißaufnahmen, die die Raumsituation des Audienzsaals ausschnitthaft und in überwiegend minderer Qualität dokumentieren. Die eigentlichen Deckenmalereien von Januarius Zick wurden noch kurz vor deren Zerstörung in den Jahren 1943/44 qualitativ hochwertig auf einem der ersten Farbfilme dokumentiert. Aus der Entwurfs- und Bauphase des Schlosses sind zudem architektonische Pläne und Entwurfszeichnungen überliefert, die – gleichsam vage – weiteren Aufschluss über die Raumsituation geben. Die 3D-Rekonstruktion der Räume im Koblenzer Schloss stützt sich in der Folge im wesentlichen auf die Pläne und Entwurfszeichnungen der unterschiedlichen Bau- und Umbauphasen. Die Geometrie des Audienzsaals und des Schlafzimmers wird dabei unter Verwendung von Blender – einer frei zugänglichen 3D Software – manuell am Rechner rekonstruiert.

Die Formensprache und damit auch die Rekonstruktion des Spiegelsaals in Schloss Engers ist weitaus komplexer als die der Repräsentationsräume im Koblenzer Schloss. Insbesondere die ausgeprägte barocke Formensprache der Architektur und deren umfangreiche Ornamentik lassen eine händisch ausgeführte 3D Rekonstruktion als unverhältnismäßig aufwändig erscheinen. Da die Räume und ihre Ausstattung heute weitgehend unverändert existieren, bietet sich alternativ eine photofotogrammetrische 3D Rekonstruktion an. Dazu werden die zu rekonstruierenden Objekte in einem ersten Schritt umfassend und mehransichtig fotografiert. Aus der Vielzahl fotografischer Aufnahmen wird im nächsten Schritt unter Verwendung spezieller Algorithmen eine 3D Punktewolke errechnet und diese in einem weiteren Schritt in ein kohärentes 3D Objekt umgewandelt, das weiteren Verwendungen zugeführt werden kann. Da der Prozess der rechnergestützten 3D Rekonstruktion nur bedingt präzise 3D Modelle erzeugt, ist auch hier eine manuelle Überarbeitung notwendig.

Die dreidimensionalen Modelle werden im weiteren Projektverlauf unterschiedlichen Verwendungen zugeführt und als sinnlich erlebbare Raumsimulationen vergleichenden Studien unterzogen. Ein besonders hoher Grad der Immersion, also der Eindruck der aktiven Teilhabe am Geschehen, wird durch den Einsatz sogenannter VR-Brillen erzielt. Der Zielsetzung folgend, dem Betrachter einen möglichst wahrnehmungsnahen Eindruck der raumgreifenden Wandmalereien zu vermitteln, wurde im aktuellen Projekt der Ansatz eines frei begehbaren Ambientes im Maßstab 1:1 auf Basis der Unreal Engine entwickelt.

Die für die Zick-Aussttellung “Das Erbe der Väter” entwickelte VR-Installation ist heute fester Bestandteil der Dauerausstellung des Mittelrheinmuseums in Koblenz.

Das Projekt wurde durch die Dr. Hans Riegel-Stiftung unterstützt.


Beitrag veröffentlicht

in

von