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Von der Kälte ins Glück

Sehnsüchtig blickt Roberto durch die Glastür des Katzenhauses. Dabei bewegt er sich keinen Zentimeter, sein Miauen ist dafür umso lauter. „Bis zum Abendessen dauert es noch ein bisschen“, sagt die Tierpflegerin Verena Schiller. Seit drei Monaten ist der Kater nun im Tierheim Ludwigshof zuhause und hat sich noch immer nicht von seinem Trauma erholt. Alle wünschen sich, dass er ein liebevolles Zuhause findet, dafür muss er aber noch an Gewicht zulegen. Der Kater hat viel durchgemacht, doch sein Lebenswille scheint ungebrochen.

Stark abgemagert und dehydriert saß das Tier Ende November zwischen dem nassen Herbstlaub, in einem Wald in der Nähe der B256 bei Neuwied, als Spaziergänger ihn entdeckten. Ängstlich blickte er mit seinen großen Augen nach oben, wartete darauf abgeholt zu werden und endlich wieder etwas zu essen zu bekommen. „Für Hauskatzen ist das ziemlich untypisch, so mitten in der Walachei“, meint Frau Schiller nachdenklich. Gut denkbar ist es also, dass der Kater mit dem strahlend weißen Fell und den rostbraunen Flecken ausgesetzt wurde. Klar ist, dass er vorher einen Besitzer hatte, da er bereits kastriert war. Gemeldet hat sich aber bis heute niemand, und auch Suchmeldungen gab es keine. 

Im Tierheim angekommen ging es jedoch erst einmal auf die Krankenstation. Dort wurde er wegen zahlreicher Zecken und Flöhe behandelt. Zudem wurde auch ein Blutbild erstellt. Zum Glück zeigte dies, dass mit dem Kater sonst alles in Ordnung war. Natürlich brauchte er auch einen Namen. Im Tierheim Ludwigshof ist es Tradition nicht kastrierten Katern einen Namen mit U zu geben. „Es gab schon einen Umberto, also nannten wir ihn dementsprechend einfach Roberto“, lacht die Tierpflegerin. 

Der nächste Schritt erklärt sich fast von selbst: Futter, Futter, Futter. Roberto wog nur 3,3 Kilogramm, als er im Ludwigshof aufgenommen wurde. Gut anderthalb Kilogramm mehr sollten es eigentlich sein. Als er frei von allen Parasiten war, durfte er endlich zu den anderen Katzen. Für diese interessierte sich der Einzelgänger jedoch eher weniger. Umso mehr freute er sich über den Besuch von Menschen, vor allem, wenn diese Futter mitbrachten. So suchte er besonders gerne Zuwendung bei Tierpflegerin Verena Schiller. Diese betritt, wie alle anderen Besucher, das Katzenhaus durch eine Glastür. Sobald sich vor dieser etwas tut, sitzt der Kater schon davor und schaut sehnsüchtig hinaus. Man muss gut aufpassen, dass er nicht schnell durch den Spalt huscht, sobald die Tür geöffnet wird. Auch aufpassen sollte man, wenn man sich mit dem Kater beschäftigt. Aus Gier kann es schonmal passieren, dass er jemandem in die Hand beißt. Dies darf man ihm jedoch nicht übelnehmen. Die Hungersnot hat Spuren bei Roberto hinterlassen, die man ihm auf den ersten Blick nicht ansieht.

Interview mit Tierpflegerin Verena Schiller

Damit es nach Weihnachten anderen Tieren nicht wie Roberto ergeht, hat das Tierheim vor einigen Jahren einen Vermittlungsstop eingeführt. Damit seine Schützlinge nicht Gefahr laufen zu Weihnachtsgeschenken zu werden, wird die Vermittlung jedes Jahr ab dem 15. Dezember eingestellt. Bis zum 2. Januar werden dann keine Tiere an Interessenten abgegeben. Die Maßnahme hat auch die Funktion, den Tieren die Eingewöhnung im neuen Heim nicht noch zusätzlich durch den Feiertagsstress zu erschweren und dauert daher bis nach Silvester an.

Die Leiterin des Tierheims, Sabrina Steger, zum Vermittlungsstop

„Wenn jemand ernsthaftes Interesse hat, dann wartet er auch gerne bis nach den Feiertagen“, meint die Leiterin des Tierheims, Sabrina Steger. Ausnahmen gibt es nach Absprache, aber es werden keine Spontankäufe zugelassen. Trotz Vermittlungsstopp im eigenen Tierheim kann jedoch nicht garantiert werden, dass allen Tieren das Glück im neuen Heim erhalten bleibt. So gab es laut Frau Steger in der Vergangenheit Fälle von Tieren, die nach den Feiertagen bei ihr abgegeben wurden. Dies sei meist jedoch erst gegen Ende Januar der Fall, wenn wieder der normale Alltag bei den Leuten einkehrt und man merkt, dass das Tier darin keinen Platz hat.

„Es war Liebe auf den ersten Blick!"

Für Sorgenkater Roberto nahm der Aufenthalt im Tierheim Ludwigshof ein positives Ende. Der Wunsch der Mitarbeiter ist in Erfüllung gegangen. Nach nur drei Monaten hat er ein liebevolles neues Zuhause gefunden. „Wir sind froh, dass wir mit ihm hier wohnen dürfen“, lacht Kristina auf die Frage hin, wie sich ihr neues Haustier bei ihr und ihrem Freund eingelebt hat. Durch eine Anzeige auf Facebook wurde Kristina, die bereits den Wunsch nach einer Katze hatte, auf den Kater aufmerksam. Schnellstmöglich wollte sie sich das Tier anschauen und nach einem Besuch im Tierheim war sofort klar, dass das Paar ihm ein neues Zuhause geben möchte. Die drei Punkte auf dem Kopf und der kreisrunde Fleck auf dem Rücken waren ausschlaggebend für den neuen Namen – Spot. „Es war direkt Liebe auf den ersten Blick und er sollte es dann sein.“, schwärmt sie von ihrem neuen Haustier. 

Die Tatsache, dass Spot abgemagert und unterkühlt im Wald gefunden wurde, bestätigte das Paar nur noch mehr in ihrer Entscheidung. Nur allzu gerne wollten sie ihm ein liebevolles Zuhause geben und ihn wieder „aufpäppeln”. Nach dem Besuch im Tierheim vergewisserte sich ein Mitarbeiter des Tierheims davon, dass die Wohnung der neuen Besitzer geeignet ist. Bereits eine Woche später durfte Spot aus dem Tierheim abgeholt und in sein neues Zuhause gebracht werden. Schon nach wenigen Stunden im neuen Heim hat der Kater sich in der Wohnung wohl gefühlt und schließlich nach nur wenigen Wochen zu seinem Revier gemacht. Auch die Essenssituation hat sich schnell normalisiert: Spot kennt seine Essenszeiten, bettelt nicht mehr und hat die Angst überwunden, keine Nahrung zu bekommen. Mit den anderen pelzigen Mitbewohnern, zwei Frettchen, versteht er sich ebenfalls bestens. Der ehemalige Sorgenkater fühlt sich rundum wohl in seinem neuen Zuhause und bereitet seinen Besitzern viel Freude.

Robertos neue Besitzerin über den Kater

Im Fall Roberto gab es ein Happy End, von dem andere Tiere im Ludwigshof nur träumen können. Das Tierheim bemüht sich trotz Insolvenzproblemen weiterhin seinen Schützlingen ein schönes Zuhause zu bieten. „Wir freuen uns über jede Art der Unterstützung.”

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