Editorial

Corona: Eine Chance auf einen universitären Wandel?

 

Nunmehr drei Semester studiert Nadine B. Kulturwissenschaft an der Universität Koblenz und das unter Corona bedingten Reglementierungen. Dabei begegnen ihr ein verlassenes Campusgelände und leere Gänge. Doch in dieser fordernden Lage sieht Nadine auch eine Chance für Veränderung und Verbesserung, sowohl für sich, als auch das universitäre Umfeld im Zuge der Trennung und kommenden Solostellung der Uni Koblenz und Landau. Wir werden sie einen Tag lang begleiten, um von ihren Problemen und neuen Möglichkeiten zu erfahren. 

10 Uhr

Es ist Dienstag. Nadine B. bereitet sich auf einen weiteren Tag in der Uni vor. Sie wohnt für die Zeit dieses Studiums in ihrem Elternhaus und ist die Erste ihrer Familie, welche ein Studium begonnen hat. Nach einem kurzen Frühstück packt Nadine ihre Sachen und nimmt ihren Autoschlüssel auf dem Weg nach draußen. Heute hat sie eine Präsenzveranstaltung, in der aktuellen Corona Situation keine Selbstverständlichkeit, wie Nadine erzählt. Den Weg zu der Universität Koblenz legt sie, wie auch viele weitere Studierende, mit dem Auto zurück. Die Anbindung der öffentlichen Verkehrsmittel zur Universität in Koblenz erscheint ausbaufähig, besonders für Studierende von außerhalb.

10.30 Uhr

Nach einer dreißigminütigen Fahrt erreicht Nadine das Campusgelände der Uni Koblenz. Dieses wirkt auf den ersten Blick recht verlassen. Wenige Studierende finden in Zeiten von Corona noch den Weg zur Universität. Einige Seminare werden weiterhin digital oder hybrid angeboten, sodass nur wenige sich in Persona auf den Campus begeben müssen. Die Corona Krise zeigt sich auch mit Blick auf die Universität deutlich: Studierende stehen vereinzelt mit Masken auf dem Campusgelände, kaum einer lacht. Gänge scheinen leer und Seminarräume verlassen. Ein Bild, was seit nunmehr drei Semester Nadine, wie auch viele andere, durch ihren Alltag begleitet. Allerdings war dies nicht immer Normalzustand. Der 21-jährige Jonah, im sechsten Semester Student der Angewandten Naturwissenschaften, kennt auch noch eine andere Zeit. Studieren in Prä-Corona Zeiten hatte für ihn einen sozialen Aspekt. Studierende trafen sich teils täglich auf dem Campus, besuchten gemeinsam die Mensa und bildeten Lerngruppen. Seit Corona ist dies stark eingeschränkt. Doch sieht dies Jonah nicht grundsätzlich negativ. Durch die Corona Krise entwickelten und entwickeln sich, nun u.a. auf digitaler Ebene, auch neue Möglichkeiten für Studierende neue soziale Kontakte zu knüpfen beziehungsweise alte zu halten. Eine Ansicht die auch Nadine vertritt.

12 Uhr

Nach einer kurzen Wartezeit, welche Nadine nutzt, um sich mit ihren Mitstudierenden zu unterhalten, machen sich die Studierenden auf dem Weg zu ihrem Seminarraum. Für Präsenzsitzungen gelten die jeweils gültigen Corona Bestimmungen. Das heißt Hände desinfizieren, mit der Corona App einchecken, Abstand und Maske tragen. Bei diesen Corona Regeln wünschen sich sowohl Nadine, als auch Jonah von Seiten der Universität, deutlichere Aussagen und eine bessere Kommunikation zwischen Universität und den Studierenden.

„Einheitlichere Richtlinien bezüglich wann eine Veranstaltung online oder notwendigerweise in Präsenz stattfinden muss wäre nett“

Jonah D., Student der Angewandten Naturwissenschaften

Während der Präsenzveranstaltungen kann man Nadine die Freude anderen Kommiliton:innen zu begegnen genauso ansehen, wie eine gewisse Unsicherheit bezüglich der Corona Richtlinien und dem Virus selbst.

14 Uhr

Das Seminar ist zu Ende. Nadine packt ihre Sachen und verlässt den Raum unverzüglich. Auf dem Weg aus dem Universitätsgebäude erzählt sie dann noch, dass sie oft noch kurz für Gespräche auf dem Campus verbleibt, bevor sie sich endgültig auf den Weg nach Hause macht.

Eigenes Interview mit Kommilitonin

Eine junge Frau sitzt in einem Seminarraum der Universität Koblenz und lässt ihren Blick durch den, abseits von uns, leeren Raum streifen, während der Raum streifenförmig von den Sonnenstrahlen erhellt wird. Sie atmet nochmal durch und rückt sich ihre violette Maske zurecht, dann beginnt das Interview.

Nach einer kurzen eigenen Vorstellung wird bei den Fragen recht schnell und deutlich klar, dass Nadine ein alter Hase, durch ihr vorheriges abgebrochenes Studium, aber auch genauso zu kämpfen hat, wie die “Frischlinge” an jeder Uni, besonders in Sachen Corona. Gleichzeitig zeigt sie aber auch Durchhaltewillen, den sie hier und da mit ihrer lockeren Art, samt Humor, durchblitzen lässt. Eine lässige und entspannte Einstellung, von der vermutlich so manch einer noch eine Scheibe abschneiden sollte. Bei Fragen im Zusammenhang mit Corona und der Uni wird dann schnell deutlich, dass sie die Ansicht von so manch anderem Studierenden vertritt, demnach die Universität an ihrer digitalen Organisation arbeiten sollte, um auch in Zeiten einer Pandemie konsequent lehren zu können, ohne die Studierenden und die Unimitarbeiter unnötig in Verwirrung zu versetzen. Ihre Ansicht zur anstehenden Trennung der Koblenzer Uni von der in Landau fasst sie dann kurz und knapp in klaren Worten zusammen.

Welchen Eindruck kann man nun durch den begleiteten Tag und das Interview für sich mitnehmen? Corona wird sehr viele Menschen, Studierende, wie Unimitarbeiter:innen und auch alle anderen noch sehr lange beschäftigen und Auswirkungen haben. Gleichzeitig wurde aber auch aufgezeigt, dass der digitale Weg bei Weitem nicht so schädlich und kontraproduktiv für Lernende ist wie angenommen. Vorausgesetzt die entsprechenden notwendigen Mittel stehen bereit und funktionieren. Dennoch sollte man der althergebrachten Lernform in Präsenz auch niemals seinen Wert absprechen.

Vielleicht bringt diese Erkenntnis im digitalen Bereich sogar den Trennungsprozess der Universität Koblenz mit voran und öffnet bei dem ein oder anderen Lehrenden, egal ob Dozent, Professor:in oder Lehrer:in, den Blick für die Vorteile digitaler Lehre. Denn Bildung kann auch zukünftig nur weiter funktionieren, wenn sie sich nicht gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen und Veränderungen verschließt und die Chancen ergreift, die sich ihr eröffnen.

Quellen: selbst geschossene und bearbeitete Bilder, eigens durchgeführtes und aufgezeichnetes Interview, schriftlich von Jonah beantwortete Fragen

von: Lioba Buch und Raphaela Steffens

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