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Der Kopf hinter der KuFa – Managerin Christina Zirngibl

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Aufregend, raumgreifend,…

…sie als ganzen Menschen einnehmend – so beschreibt Christina Zirngibl ihre Arbeit für die Kulturfabrik. Sie ist Managerin und somit Programmgestalterin des Hauses – „kein Job, den man hier an der Türklinke abgibt.“ 

Seit über vierzig Jahren dient die ehemalige Papierfabrik als angesehener Standort der Kulturszene in Koblenz. Was die größten Herausforderungen ihres Arbeitsalltags sind, welche Erfahrungen sie mit „Merphys Law“ durchgemacht hat und inwieweit ihr Studium der Kulturwissenschaft noch heute hilfreich für sie ist, verrät sie uns im Interview. 

Theater hautnah

In ihrer Anfangszeit dominierten Kabarett und Tanztheater das Programm der KuFa. Im Laufe der Zeit rückte der Schwerpunkt immer weiter in Richtung Kinder- und Jugendtheater. „Die Grundidee war ein freies Theater, abseits der bereits existierenden konventionellen Theaterstrukturen“, fasst die studierte Kulturwissenschaftlerin zusammen. Heute haben zwanzig Gesellschafter*innen aus Koblenz zur KuFa GmbH zusammengeschlossen und tragen zusammen mit dem Förderverein Koblenzer Jugendtheater e. V. Das Unternehmen der Kulturfabrik. Was früher noch noch „kritisch beäugt“ wurde, gilt heute als  „absolut gesellschaftlich etabliert“ und werde nicht im in Frage gestellt. „Ganz im Gegenteil: wir bekommen eine sehr gute Förderung vom Land und von der Stadt“, erzählt die Zirngibel. 

Die KuFa zeichnet sich, durch die Augen ihrer Managerin, vor allem durch die Kombination von Produktion und Aufführung am selben Ort aus. Im klassischen Stadttheater seien für die nicht am Theater engagierten Bürger*innen keine Möglichkeiten gegeben, um selber etwas auf die Beine zustellen. Stadthallen bieten Platz und Technik für Aufführungen, aber eben keine Möglichkeit für Proben. Die KuFa möchte diese Marktlücke füllen und bietet das Erlebnis Theater – vor und auf der Bühne – für jeden an.

Von der Bühne hinter die Kulissen

Schon lange vor dem Studium vom Theater begeistert entschloss sich Zirngibl auch beruflich in diese Richtung zu gehen. Allerdings interessierte sie das aktive Schauspiel keineswegs so sehr wie die Arbeit hinter der Bühne, obwohl sie “aktive Kunst” ihre gesamte Schulzeit in diversen Arbeitsgemeinschaften partizipierte. „Ich habe (…) Theater gespielt, Klavier gelernt, im Chor gesungen… Ich war sehr Kulturinteressiert. Das war das was ich wollte und was ich konnte.“ Mit der Entscheidung, doch im Bereich der Organisation tätig zu werden, entschloss sie sich für ein Studium der Kulturwissenschaft an der Uni Hildesheim. Das dauerte dann auch geschlagene acht Jahre, zum einen dem Umfang des Studiums, zum anderen diversen Jobs und Praktika geschuldet. 

Gab es einen Plan B? In der Tat! Wäre es keine Berufslaufbahn als Theatermanagerin geworden, hätte Christina Zirngibl eine Ausbildung zur Kostümbildnerin gemacht. Tauschen wolle sie aber keineswegs, verrät sie. Sie brauche die Aufregung und die Vielseitigkeit ihres Berufes.

Ihr Studium nehme bis heute Einfluss auf ihre Tätigkeit als Managerin der KuFa. Allerdings kristallisiert sie dabei den Unterschied der Koblenzer Kulturwissenschaft zur Hildesheimer Interpretation heraus. Damit meint sie vor allem den interdisziplinären Ansatz, auch mit den in Koblenz als „Hochkultur“ benannten Künsten zu arbeiten. „Was machen die anderen Künste? Kannst du dir davon etwas rausnehmen? Kann man etwas zusammen machen?“ Ein sehr starker Vernetzungsgedanke dominierte für sie das Studium. „Aber nichts desto trotz mit Profis [zusammenarbeiten]. Das ist für mich typisch Hildesheim (…): offen, interdisziplinär, vernetzt.“ 

Fluch und Segen

Christina Zirngibl trägt die Verantwortung für das künstlerische Gesamtkonzept. „Das heißt, ich telefoniere eigentlich den ganzen Tag“, fasst sie lachend zusammen. Ob nun Künstler ihr Programm in der KuFa präsentieren wollen, oder Eltern Antworten auf die Frage suchen, wie sie ihre Kinder künstlerisch fördern können – tatsächlich kümmert sich die Managerin um nahezu alles, was in der Kulturfabrik in Bezug auf die Ausübung der Kunst passiert.

Manchmal jedoch sei ihr Job auch frustrierend. „Dann bist du eine Stunde in der KuFa und alles ist anders“, erzählt sie. Zudem sei eine Zusammenarbeit mit so vielen Menschen Fluch und Segen zugleich. Als ihre größte Herausforderung nennt sie die ständige Suche nach Konsens und Kompromiss. Und auch ein weiterer Aspekt ihrer täglichen Arbeit habe ihre Nerven in der Anfangszeit schwer beansprucht: das Jonglieren mit Zahlen. Irgendwann – sagt sie – kommt alles auch einmal zusammen. „Murphys Law“ ist der Theaterintusiastin durchaus ein Begriff: 

Zitngibl über die Tage, an denen wirklich gar nichts funktioniert

Ein Programm, so divers wie seine Rezipienten

Gut vierzig Prozent des Programms einer Spielzeit machen „feste“ Produktionen und Veranstaltungen aus. Dazu zählen beispielsweise Aufführungen des Koblenzer Jugendtheaters, die jedes Jahr fest ihre Stücke in der KuFa präsentieren. Unter Solokünstler*innen gäbe es auch Stammgäste, die jährlich ihr Programm darbieten. Aber auch Festivitäten wie Karnevalsveranstaltungen oder die Abschlussfeier interkulturelle Wochen vom Koblenzer Beirat für Migration finden regelmäßig statt. So viele Wochenenden bleiben da gar nicht mehr übrig, berichtet Zirngibl. Diese Kapazitäten finden dann für lokale Künstler mit neuen Programmen, für ein monatlich neues Puppentheater und eigene Produktionen der Kulturfabrik Verwendung. Für letztere wird ein Regisseur gesucht und ein Ensemble gecastet, mit dem dann auf eigene Kosten ein Theaterstück auf die Beine gestellt. 

Die Managerin verfolgt dabei den Wunsch, ein vielseitiges, diverses Programm für alle Kulturinteressierten zu bieten. So spielt der Koblenzer Narrenbund unter anderem Theaterstücke, die speziell für ein homosexuelles Publikum geschrieben sind. „Die Künstler, die die KuFa nutzen, sind sehr, sehr divers“, berichtet sie, „im Geschlechterkontext sind wir ziemlich frei und ziemlich liberal.“ Einzig Menschen, die körperlich in der Bewegung eingeschränkt sind, könne die Kulturfabrik nur bedingt begrüßen. Nicht aus bösem Willen, sondern schlicht und einfach aufgrund der architektonischen Gegebenheiten: die nötigen Treppenstufen zu den Bühnen und Sälen sind derzeit nicht mit einem Aufzug zu überwinden. 

Kultur ist wichtig – für Groß und Klein

Für Christina Zirngibl gehört Kultur ins Grundgesetz

Christina Zirngibl ist begeistert von den Rückmeldungen der Kinder, die die KuFa – so wohl auf, als auch vor der Bühne – besuchen. „Für das Alter 3 bis 6 ist es mehr das Rezipierende,“ beurteilt sie, Theater als Live-Erlebnis im Gegensatz zum Fernsehen. Die Workshops beginnen für Kinder ab dem Alter von 6 Jahren. Dabei sei es besonders und pädagogisch wertvoll für die Kleinen den Aufwand kennen zu lernen, dem es Bedarf, eine Theaterproduktion auf die Bühne zu stellen. Vor Allem das „warten können“, die Konzentration halten und Anderen aufmerksam zuzuhören sind für Zirngibl neben dem puren Spaß am Schauspiel Kernaspekte der Jugendarbeit der Kulturfabrik. „Durch Kultur wird man zum Sozialen Wesen“, sagt sie, das gelte für Menschen jeder Altersklasse.

Autor: Alexander Diosegi

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