Analog statt digital
“Eigentlich bin ich ja eher ein analoger Typ. Tatsächlich habe ich auch erst ein Smartphone, seit mein Dackel mein altes Handy zerstörte!“, lacht Peter-Paul Pisters vergnügt. Nachdem er im Jahr 2017 sein Studium der Kunstgeschichte an der Rheinischen-Friedrich-Wilhelm-Universität in Bonn beendet hatte, sammelte er bei einem Praktikum im Ludwigmuseum seine ersten Erfahrungen. Danach bekam Pisters die Stelle als Volontär im Mittelrhein-Museum. Dort war man heilfroh, nun jemand „Junges“ an Bord zu haben, dem man den Bereich der digitalen Medien zuweisen kann. So kam es, dass Pisters gleich zu Beginn seines Volontariats vor eine große Herausforderung gestellt wurde: Der virtuellen Rekonstruktion der Deckenfresken des Schlosses in Zusammenarbeit mit der Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz. Herr Pisters hat für uns ein wenig aus dem Nähkästchen des Museumsbetriebs geplaudert.
Der Sprung ins kalte Wasser
Grundlage für Pisters Arbeit waren lediglich einige Fotografien der Fresken kurz vor der Zerstörung sowie ein paar Skizzen und Zeichnungen der Schlossräume. „Die Quellenlage war äußerst dürftig“, erinnert sich der junge Kunsthistoriker. Pisters Hauptaufgabe war es, die Archive nach brauchbarem Material zu durchforsten und die Kommunikation mit dem Projektteam der Universität zu regeln. So arbeitete man eng mit dem Institut für Computervisualistik unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Müller sowie dem Institut für Kunstwissenschaft, Arbeitsbereich Digitale Medien unter der Leitung von Dr. Markus Lohoff, zusammen.
Neben der Universität und dem Museum war noch eine weitere städtische Einrichtung mit im Boot: das Theater Koblenz mit dem Intendanten Markus Dietze. Zwei Theaterspieler gaben dem Projekt durch eingesprochene Texte seine auditive Note. Vergangenes mit allen Sinnen erlebbar machen – das sei auch für den Volontär Pisters das Hauptziel gewesen. Doch wie steht ein Kunsthistoriker allgemein zum Thema Digitalisierung von Museen?
Wichtig ist, dass die VR immer nur als Ergänzung zum “normalen” Museumsbetrieb gesehen wird!
Peter-Paul Pisters
Die Familie Zick im Rampenlicht
Sage und schreibe 110 Werke von allen fünf Generationen wurden eigens für die Zick-Ausstellung aus allen Ecken Deutschlands nach Koblenz transportiert. “Mit dem Auto quer durchs Land fahren und Gemälde einsammeln – auch das gehört zum Job eines Museumsvolontärs”, schmunzelt Pisters. Neben den zahlreichen Portraits lassen sich auch originale Möbelstücke aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bewundern. Der golden glänzende Armlehnensessel des Jahres 1786 stammt sogar aus dem Koblenzer Schloss und bringt uns so die Vergangenheit unserer Stadt noch näher.
Ein kleines Glück im Unglück
Ironischerweise stecken genau diejenigen, die für die Zerstörung des Schlosses verantwortlich waren, hinter den Fotografien der Fresken. So schickten die Nationalsozialisten im Jahr 1943 Fototruppen los, die „zerstörungsgefährdete“ Gebäude für die Ewigkeit memorieren sollten. Bei diesen Aufnahmen handelt es sich um einige der ersten Farbfotos überhaupt. Nur anhand dieser Fotografien war eine Rekonstruktion der Fresken möglich.
Royalblau oder doch aquamarin?
Am dürftigsten sah die Quellenlage jedoch beim Paradeschlafzimmer aus. Vom Raum selbst gab es keinerlei Fotos, lediglich zwei druckgrafische Rekonstruktionen als Zeugnisse der damaligen Salonkultur. Was auf den ersten Blick sehr realistisch schien, entpuppte sich später aber als trügerisch. So waren die entsprechenden Künstler wohl vielmehr an reiner Ästhetik als an einer realistischen Raumgeometrie interessiert. Architektonische Anhaltspunkte – Fehlanzeige! Volontär Pisters erinnert sich noch ganz genau an das ewige Hin und Her bezüglich der Raumgestaltung des Paradeschlafzimmers. „Die größte Diskussion gab es tatsächlich darüber, von welcher ursprünglichen Intensität die blaue Wandfarbe war!“. Der einzige Anhaltspunkt war nämlich ein kleines Musterstück des Wandstoffs, das allerdings mit der Zeit schon einiges an seiner Farbintensität eingebüßt hatte.