Finnland 2015 – Turku

– by Arne Schmeiser

GOODBYE GERMANY

Man erkennt es kaum, aber es ist Frankfurt!
Auf Wiedersehen!

Wie ihr euch schon gedacht habt, konnte ich einen Fensterplatz ergattern. Das hier ist irgendwo über einer Insel bei Estland oder Lettland, nicht so sicher… Aber hübsch anzusehen! Wie kleine Wattebällchen, die auf dem Land sitzen.

Und das ist erste, was ich von Finnland gesehen habe, kurz vor Helsinki.
Jetzt muss ich aber mal schnell weiterfliegen nach Turku, gerade wurde mein Flug aufgerufen!

P.S.: Beitrag kommt doch erst heute, da das WLAN in Helsinki für den Upload zu langsam war  Geflogen bin ich aber gestern schon!

GOOD MORNING, TURKU!

Das ist der Blick aus meinem Fenster. Hier in Finnland ist kurz vor meiner Ankunft noch der Sommer ausgebrochen, natürlich sehr cool und angenehm bei 23 Grad!
Nach einer kurzen Dusche (sind seltsam, später mehr dazu), muss ich nun erstmal einkaufen und meinen Mietvertrag unterschreiben gehen.

MUUMIMAAILMA & NAANTALI

Kennt ihr eigentlich die Mumins? Am bekanntesten vermutlich durch eine Anime-Serie, die allerdings die Autorin gar nicht so mochte, sagt Wikipedia. Ich mochte sie schon! Die lief Anfang der 90er im ZDF und ich hatte sie irgendwie fast vergessen.  Dann aber hab ich gelesen, dass die Mumins aus Finnland kommen und dass es irgendwo da auch einen Mumin-Themenpark gibt. Ein paar Menschen (Hallo Hannah! Hallo Anna!) beschworen mich dann auch, da unbedingt hinzugehen. Boom, zack, war ich da. Eigentlich hatte ich für gestern was anderes geplant – eher so Campus-Tour, Starting-Package abholen. Das Übliche eben, wenn man gerade erst angekommen ist. Nun hab ich aber zwei Däninnen und eine Deutsche im Gemeinschaftsbereich meines Flurs getroffen, die den Trip schon auskundschaftet haben und mir sagten, dass der Park dieses Wochenende schließt! Dann musste ich natürlich umorganisieren, hab meine Tutorin (also die Finnin, die mich betreut) eingepackt und ab ging es ans Meer!

Der Mumin-Park liegt auf einer eigenen Insel, die ziemlich bergig ist! Sind wohl so einige Inseln hier (meine Bio-Geo-Freundin sagt, liegt an der Entstehungsgeschichte der Inseln, aber gut).

Der Park belegt die Insel komplett und ist sehr weitläufig mit schönen Wegen durch den Wald zwischen den einzelnen Sehenswürdigkeiten. Alle möglichen Behausungen der Bewohner sind nachgebaut.

Kein Plastik, alles echter Stoff, Holz und Metall – Häuser in Lebensgröße, also mehrstöckig, falls im Original auch so. Das macht den Park sehr plastisch und irgendwie auch zeitlos – ich war echt begeistert.

Was den Park auch sehr sehenswert macht, sind die Mitarbeiter, die sich riesige Mühe geben, die Welt lebendig werden zu lassen. Es gibt Theaterstücke mit den Figuren, die auch als große Puppen umherwandern und auch auf den Wegen begegnet man immer ein paar Fabelwesen!

Zum Highlight des Tages: Ein Foto mit Mumin selbst!
Da waren die Erinnerungen aus der Kindheit dann doch sehr lebendig und ich ein wenig gerührt…


Das war aber nicht die einzige schräge Begegnung des Tages. Darf ich vorstellen: Edvard! Ein Seemonster, das in der Nähe des Mumin-Badehauses lebt.

Die Mumin-Welt erreicht man über einen Holzanleger von Naantali aus. Naantali ist eine alte finnische Stadt und wohl auch eine beliebte Sommer-Residenz der Finnen.

FINNISCHE STOCKWERKE

Funfact des Tages: Finnen beginnen im Erdgeschoss mit dem Zählen der Stockwerke. Ich wohne also nach deutscher Zählweise im zweiten Stock, nach finnischer aber im dritten.

BESUCH BEIM MAGISTRAT

Wenn du als EU-Bürger länger als drei Monate in Finnland bleibst, musst du dich bei der Polizei melden – zumindest sagt dir das jeder, auch die Uni-Verwaltung. Stimmt aber nur bedingt. Durch eine nette, kleine Gesetzesänderung, die erst kürzlich erfolgt ist, benötigst du vorallem mal eine finnische ID-Nummer! Die kann man bei der Polizei bekommen (gerüchteweise), allerdings ist die nicht ganz glücklich mit ihrem neuen Einbürgerungsjob…
Auf Hinweis findiger Studenten bin ich dann beim Magistrat der Region Turku gelandet. Deren Ministerium hat den Unsinn verzapft und deshalb müssen die das jetzt auch ausbaden 

Die Anmeldung beim Magistrat kostet nichts, du brauchst deinen Pass und eine Studienbescheinigung deiner finnischen Uni, vorzugsweise in Finnisch.
Das Magistrat ist am Marktplatz (Kauppatori) in dem Kaufhaus, in dem auch H&M residiert. Es befindet sich im vierten Stock und öffnet um neun. Und jetzt finnische Präzision: Weil das Büro erst um neun öffnet, fährt auch der Aufzug erst ab neun in den vierten Stock!

Das hier ist ein Exemplar dieser Aufzüge mit Tür, die es zumindest hier in Turku jede Menge gibt (auch an der Uni). Das Konzept mit der Zeitschaltung hat einen älteren finnischen Herren übrigens genauso überrascht wie mich. Wir haben nicht gesprochen (natürlich nicht, das ist ein Finne! :-D), aber sein Blick sprach Bände! Im Magistrat bekommt man auch die Formulare zur Anmeldung bei der Post, aber dazu ein anderes Mal mehr. Moi Moi!

LUOSTARINMÄKI HANDWERKS-MUSEUM

Am Samstag war ich im Handwerks-Museum Luostarinmäki in Turku, welches deshalb so cool ist, weil es in einem 200 Jahre alten, komplett erhaltenen Teil von Turku mit traditionellen Holzhäusern untergebracht ist.

Zu sehen gibt es eine Menge nachgestellter Szenen in den jeweiligen Häusern, so als hätte der jeweilige Handwerker die Werkstätte erst gerade verlassen. Zum Teil laufen auch traditionell gekleidete Finnen darin herum, die gerne Stories von damals erzählen. Da diese Menschen das in ihrer Freizeit tun und ich sie nicht so in ihren Persönlichkeitsrechten beeinträchtigen möchte, gibt’s davon aber hier keine Bilder 


NORDLICHTER IN TURKU

In Turku angeblich gar nicht so häufig, aber nun schon das zweite Mal, dass wir sie gesehen haben. Dieses Mal allerdings wirklich ziemlich deutlich. Leider hab ich spontan kein Stativ gehabt und das Objektiv war auch nicht ideal (vier Sekunden Belichtungszeit aus’m Handgelenk enden immer in enormem Gewackel). Egal, scharfe Bilder von Lichtern bei Nacht machen, kann ja jeder… 

Mehr Infos und Vorhersage kann man online ansehen. Im Dezember versuche ich in Lappland nochmal paar Bilder zu bekommen. 

EIN HÜGEL IN TURKU

Dieses schicke Monument sehe ich auf dem Weg zur Uni, wenn ich zu Fuß gehe (bei schönem Wetter). Keine Ahnung, was es ist, es gibt eine finnische Inschrift, die ich noch nicht übersetzt bekommen habe.

Edit: Das ist ja mal wieder klar: Der hübsche Hügel ist eine mittelalterliche Hinrichtungsstätte, herrlich!  Danke für den Hinweis, Anna. Falls ihr es selbst übersetzten wollt, dann empfehle ich den englischen Wiktionary.

Jedenfalls steht es auf einem Hügel mitten im Wohngebiet.

Ich mach ein Update, wenn ich weiß, was es heißt. Das schöne Wetter auf den Fotos täuscht etwas, nachts gibt’s hier jetzt schon Minusgrade und auch tagsüber bleibt es ständig unter zehn Grad. Und dabei ist Turku einer der wärmsten Orte Finnlands… 

STUNDENPLAN FÜR DIE ERSTE PERIODE

Da ich gerade mal wieder in der Bibliothek (diesmal, in der wunderhübschen Feeniks Library) sitze: Ich gucke nicht nur lustige, Dinge an, nein, ich studiere sogar! Alles in allem werde ich 27 ECTS machen, wenn alles hinhaut, wie ich mir das vorstelle. Davon sind allerdings 4 ECTS Finnish for Foreigners, was ich ja nicht in mein deutsches Curriculum bekomme und daher auch nicht für meine ECTS-Grenzen zuhause zählt. Die Finnen teilen ihre Semester nochmal in zwei Study Periods auf, meine erste Period endet nächste Woche, danach geht’s direkt mit der zweiten weiter.

Wie man sehen kann, ist da doch bisschen was los gewesen. Ich habe belegt:

  • Healthcare Information Systems (2 ECTS Lecture exam, 2 ECTS Book exam, 2 ECTS Seminar paper)
  • Finnish for Foreigners (2 ECTS Lecture exam)
  • Information Technology and Ethics (diverse Seminar papers, 6 ECTS)
  • Development of Web Applications and Web Services (5 ECTS Programming project)

Bei Zeit schreib ich mal einen Artikel zu den jeweiligen Fächern und verlinke die dann hier. Jetzt geht’s aber erstmal wieder an die Arbeit! 

ICE HOCKEY!

Wuhu! Gestern Abend war ich Hockey gucken. Große Begegnung der finnischen Liiga, es spielte Helsinki gegen Turku. Für die letzteren ein Heimspiel, was die Atmosphäre auch deutlich machte. Das Spiel war spannend, erst in der Verlängerung konnte das kräftezehrende 2:2 von Turku zum Sieg aufgelöst werden. Gewöhnungsbedürftig ruhig hingehen das finnische Publikum, außer ein paar Hardcore-Fans ist da meistens Ruhe. Außerdem spannend: Nur fünf Minuten nach Spielende wird man aus dem Stadion gekehrt – die Zuschauer flüchten regelrecht aus dem Gebäude 

 Das ist also Finnlands Nationalsport. Wie auch immer: Mir hat’s gefallen, gerne wieder!

TURKU UNIVERSITY BOTANICAL GARDEN

Der botanische Garten der Universität Turku liegt auf der Insel Ruissalo, die zu Turku gehört. Vor ein paar Wochen haben wir die Innenanlage angeschaut, die für Studenten für vier Euro Eintritt zugänglich ist. Die Außenanlage ist wohl auch recht groß, dafür hat aber beim ersten Besuch die Zeit nicht gereicht. Vielleicht ein anderes Mal… 

KINO IN FINNLAND

Merke: Kino in Finnland ist schweineteuer! 14 Euro zahlst du für einen normalen Film. Gut, der selbige hatte Überlänge, aber 1) welcher Film hat das heute nicht? und 2) die Zuschläge dafür sind auch in Deutschland schwer willkürlich. Leider also wohl nicht so oft… Schade!
Denn eigentlich ist finnisches Kino für Ausländer, die des Englischen mehr mächtig sind als der Landessprache ziemlich cool. Es gibt nämlich kein Dubbing! Und an die finnisch-schwedischen Untertitel gewöhnt man sich schnell, da sie meist außerhalb des Bildfokus gelegen sind.

DEVELOPMENT OF WEB APPLICATIONS AND WEB SERVICES

So sieht’s dann aus, wenn es fertig ist! Sehr empfehlenswerte Veranstaltung, falls ihr irgendwie an Web-Entwicklung interessiert seid. Angeboten wird die Veranstaltung von der Åbo Akademi, also der schwedisch-sprachigen Universität. Modulsprache ist dennoch Englisch, macht also keinen Unterschied. Dank eines feinen Abkommens der beiden Universitäten klappte dann die Registrierung auch (fast) ohne Probleme. Zwischenzeitlich ist es dank der haka-Zusammenarbeit der Universitäten möglich, sich mit einem fremden Uni-Account in das Moodle-System der Åboeinzuloggen. Dort befinden sich alle Vorlesungsfolien, die Assignments, weiterführende Links und Literatur, das Abgabesystem für die Assignments und ein Diskussionsforum – super!

Das Modul besteht aus einem theoretischen, allgemeineren Vorlesungsteil und einem hands-on Lab-Teil mit wöchentlichen Assignments. Die waren gar nicht so groß, Arbeitsumfang okay. Die Assignments machen 20% der Modulnote aus. Die überwiegenden 80% sind dann ein großes Projekt, in welchem alle Kenntnisse, die man über die Veranstaltung erworben hat, einmal zusammenführen kann. Hier war der Arbeitsumfang größer als ich zuvor dachte. Projektbasis ist Python und das Django Web-Framework.

Um die praktischen Aufgaben zu bewältigen, hab ich eine Lizenz von PyCharms bekommen. Das ist eine super Entwicklungsumgebung für Python mit integrierter Django-Unterstützung, sodass viel Code-Completition und intelligente Vorschläge von der IDE kommen. Außerdem ist sie cross-plattform, lief also auch auf meinem Ubuntu „like a charm“.

Noch ein kleiner Überblick über die Veranstaltungsinhalte (meistens stärker auf Django bezogen):

  • Python Introduction (sehr kurz, aber kein Problem, wenn man OOP kennt, z.B. von Java)
  • HTML, Forms
  • Django (mit MVC-Pattern und OR-Mapper)
  • Stateful Applications, Session Management und Concurrency
  • Security, Authentication
  • Testing (z.B. Unit-Testing)
  • Internationalization und Localization
  • RESTful APIs

WETTER IN TURKU

Es regnet und es ist dunkel, perfekte Zeit für einen Artikel über finnisches Wetter. Und da fängt das Dilemma auch schon an: Turku ist vermutlich die wärmste Stadt in ganz Finnland und das Wetter hier ist durchaus unüblich für den Rest von Finnland.

Als ich meine Sachen für Finnland gepackt hab, fragte ich mich: Regenschirm oder Regenjacke? Die richtige Antwort: Beides! Wenn es hier mal richtig regnet, dann schüttet es. Der Regenschirm allerdings muss durchaus harten Windböen standhalten. Aus diesem Grund kann man hier im Supermarkt speziell verstärkte Schirme mit „Umbiegeschutz“ kaufen, die das berüchtigte Umdrehen des Schirms durch den Wind vermeiden. Der Rucksack sollte durchaus sehr wasserdicht sein, sonst sind die Bücher nass nach dem Weg zur Uni, ich empfehle ein Raincover! Gleiches gilt für den Rest der Klamotten.

Zum Thema Temperaturen: Turku ist recht warm. Sogar jetzt Anfang Dezember ist es meistens über Null und wenn’s friert dann nur sehr knapp. Allerdings ist dieses Jahr auch recht warm. Als ich im August ankam, konnte man noch normale deutsche Sommerkleidung tragen. Mittlerweile ist warme Herbstkleidung, Schal und dicke Socken angebracht.

Fun-Fact des Tages: Finnen heizen wie bekloppt! Deshalb ist es ratsam, möglichst flott Kleidung loszuwerden, sobald man ein Gebäude betritt, denn die Norm-Innentemperatur beträgt 24°C! In Uni-Gebäuden gibt es dafür groß angelegte Garderoben, die man dann auch besser für Schal, Mütze und Jacke nutzt – denn im Gebäude tragen grenzt an Saunagefühle. Auf der anderen Seite heizen Finnen ihre Bibliotheken sehr sparsam, sodass ich durchaus schon mit Schal und Jacke da drin gesessen habe – manchen Finnen hab ich auch schon mit Mütze gesehen.

Die Sonneneinstrahlung geht im Winter durchaus zurück hier, weshalb die Milch mit Vitamin D angereichert ist. Das hilft ein wenig, aber nur bedingt gegen die einsetzende Müdigkeit. Ansonsten kann man es den Finnen gleichtun und Kaffee und grünen oder schwarzen Tee trinken (mein Konsum an letzterem ist ganz gut gestiegen). Im Moment ist es sechs Stunden „hell“, wobei das nicht immer Sonne heißt, nämlich von neun Uhr morgens bis drei Uhr nachmittags.

Also merke: Für Turku muss man nicht mit dem total üblen Winter rechnen, im Rest des Landes schon eher (Lappland ist wesentlich kälter!). Hilfreich ist die Webseite des finnischen Wetterdienstes, auch wenn hier in Turku alle Stunde das Wetter ändert, Seeklima!

GOODBYE TURKU

Und heute ist es vorbei, ich fliege zurück. Was bleibt ist ein Essay, dass ich noch beenden mag und jede Menge Erinnerungen. Ein paar davon kann ich hoffentlich noch in Nachtragsposts mit euch teilen, ich versuch’s. Bilder habe ich jedenfalls noch genug…