Finnland 2015 – Oulu

– by Flemming Götz

Herzlich Willkommen auf meinem Blog!

Ich werde nächste Woche Sonntag nach Oulu (Finnland) fliegen, um dort mein Auslandssemester zu absolvieren und habe mir vorgenommen euch auf diesem Blog an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen. Es würde mich freuen, wenn ihr ab und zu mal hier vorbeischauen würdet!

Morgen geht es los!

Morgen geht es los! Meine Koffer sind gepackt. Ich habe mich darauf beschränkt, einen 23 Kg Koffer und einen 8 Kg Trolli im Handgepäck mitzunehmen. Die Gewichtsgrenzen habe ich mit 22,76 Kg und 7,69 Kg laut der Kofferwaage (Danke Michael!) gerade so einhalten können. Nachdem ich auf einige Dinge verzichtet (Getränke) und etwas hin und her geräumt habe, sollten sie mich nun in den Flieger lassen.

Voller Koffer

Um 11:45 Uhr startet mein Flieger von Frankfurt nach Helsinki. Nach einem kurzen Zwischenstopp in der finnischen Hauptstadt geht es dann weiter nach Oulu. Dort werde ich vier Monate an der „University of Oulu“ studieren und ein Auslandssemester absolvieren.

Mein Vater fragt mich andauernd: „Na, bist du schon aufgeregt?“. Nein, ehrlich gesagt bin ich das nicht! Vielleicht weil ich bis jetzt keine Zeit dazu hatte. Ich war zu sehr mit meiner Bachelorarbeit beschäftigt, um mir über irgendwelche Gedanken zu machen. Vielleicht kann ich mir aber auch noch gar nicht richtig vorstellen, dass ich morgen Abend bereits in einer „völlig anderen Welt“ sein werde. Das ich mich nicht wirklich umfangreich über mein Reiseziel informiert habe, macht mir auch keine Sorgen. Nein, im Gegenteil. Ich habe bewusst darauf verzichtet, mir Blogs und Berichte von Studierenden durchzulesen, die bereits ein Auslandssemester in Oulu absolviert haben. Ich möchte meine eigenen Eindrücke gewinnen und so unbefangen wie möglich an die Sache herangehen. Die Berichte und Blogs von anderen Studierenden werde ich dann später lesen, um sie mit meinen eigenen Eindrücken zu vergleichen.

Um zu beweisen, dass ich nicht viel über Finnland weiss, werde ich im Folgenden ein kurzen Einblick in mein dürftiges Wissen über das Land geben. Ich bin sehr gespannt, inwiefern sich meine Kenntnisse über das Land im Laufe der folgenden Wochen erweitern werden beziehungsweise welche Vorurteile sich bestätigen oder auch nicht bestätigen werden.

1. In Finnland ist es kalt
2. Finnen lieben es in die Sauna zu gehen
3. Finnland hat ein sehr gutes Bildungssystem
4. Finnen sind eher verschlossen und introvertiert
5. Finnen lieben Ice Hockey
6. Finnen sind sportlich (Langlauf, Biathlon, Ski springen etc.)
7. Die Finnen sind verrückt
8. Finnen sollen sehr viel trinken
9. In Finnland ist Alkohol angeblich sehr teuer
10. In Finnland gibt es Elche und Rentiere
11. Die Uhreinwohner dort heißen „Samen“
12. Finnen sehen sich nicht als Skandinavier
13. Die finnische Sprache ist sehr… speziell
14. Die Finnen mögen Fisch

Vielleicht habt ihr ähnliche Vorstellungen von diesem Land, falls ihr noch nie da gewesen seid. Ihr könnt diesen Blogeintrag gerne kommentieren und ergänzen. Ich würde mich freuen! In meiner Rolle als inoffizieller Botschafter der Stadt Koblenz werde ich mich darum bemühen, die Beziehungen von Oulu und Koblenz zu verbessern. Wenn ihr etwas über Finnland wissen möchtet, werde ich einen oder mehre Finnen fragen, um eure Frage(n) zu beantworten! 

Reise nach Oulu

Der Wecker klingelt. Ich merke, dass ich nicht so tief geschlafen habe. Irgendetwas ist anders heute. Ach ja richtig, ich fliege gleich nach Finnland und werde die nächsten vier Monate irgendwo anders aufwachen! Ich wollte ja eigentlich ganz cool bleiben, aber etwas aufregend ist es dann doch schon. Nach einem kurzen Frühstück geht es über die A3 in Richtung Frankfurt-Hahn. Als die ersten startenden und landenden Flugzeuge in Sicht kommen, steigt allmählich das Reisefieber. Ich habe den Vorteil von Terminal 2 abzufliegen. Das ist nach den Beschreibungen meines Vaters noch das harmloseste was der Frankfurter Flughafen so zu bieten hat. Meine Mutter beschreibt mir, wie sie sich mal in Terminal 1 verlaufen hat. Ganz schön groß dieser Flughafen! Der größte, den ich am heutigen Tag zu Gesicht bekommen werde.

Da ich bereits Online eingecheckt habe, muss nur noch das Gepäck abgegeben werden. Leider ist die Schlange vor dem Finair Schalter relativ lang. Ich sehe etwas neidisch zu dem Emirate Airlines Schalter herüber. Vor dem Schalter liegt ein Teppich. Neben diesem stehen goldene Begrenzungspfeiler.

Ich höre um mich herum auch verschiedene Sprachen, die ich alle ungefähr einordnen kann. Italienisch, Spanisch, Französisch, Englisch und irgendetwas asiatisches. Zum ersten Mal höre ich die finnische Sprache, weil sich vor mir zwei Finnen unterhalten. Das klingt ja lustig! Die finnische Sprache kann man also per Ausschlussverfahren erkennen. Wenn ich eine Sprache nicht einordnen kann, muss das wohl finnisch sein!

Nachdem ich endlich den Schalter erreicht habe, darf ich meinen Koffer auf das Gepäckband legen. Die Waage zeigt 22,6 Kg und ich atme erleichtert auf. Ich darf alles mitnehmen. Mein Gepäck wird auch „durchgeroutet“. Das bedeutet, ich muss mein Gepäck in Helsinki nicht suchen und nochmal für den Flug nach Oulu aufgeben. Sehr gut. Es ist 10:10 Uhr. Ich verabschiede mich von meinen Eltern, die mir noch die letzten guten Ratschläge (Nummer 426, 427 und 428) auf den Weg geben. Ich bin traurig, weil ich mich verabschieden muss. Auf der anderen Seite aber auch etwas erleichtert, weil ich mir keine guten Ratschläge mehr anhören muss. Ich gehe zum Boarding, passiere erfolgreich und mit einem etwas mulmigen Gefühl den „Körperscanner“ (Die NSA hat jetzt bestimmt ein Nacktfoto von mir!) und lasse mich abtasten. Hey Leute, sehe ich vielleicht wie ein Terrorist aus? Naja gut, gleiches Recht für alle.

Nachdem ich alle meine Sachen wieder eingepackt habe, fällt mein Blick auf den Duty Free Shop. Ich habe noch etwas Zeit und schlendere hindurch. Hat man mir nicht erzählt, dass Alkohol in Finnland so teuer wäre? Na gut, sicherheitshalber nehme ich noch eine Flasche Whiskey mit.

Danach warte ich auf meinen Flieger und lese sehr liebe Abschiedsgrüße und aufmunternde Kommentare. Die Leute scheinen doch erleichtert zu sein, dass ich nun tatsächlich fliege! Um 11:10 Uhr wird der Flug nach Oulu aufgerufen und die Passagiere des Flugs AY822 werden, nach einer Ticket-Kontrolle, in den Warteraum des Gates gelassen.

Ich setze mich neben ein vollgepacktes Mädchen und lerne nach einer kurzen allgemeinen Floskel („Ist ja schon ganz schön warm hier!“) Julia kennen, die auf dem Weg nach Finnland ist, um ihr Auslandssemester in Romaniemi zu absolvieren. Das Gespräch fällt nicht schwer, da sie dieselben „Bedenken“ hat wie ich. Sie kann zu dem noch weniger Finnisch als ich. Was mich zugegebenermaßen schon beeindruckt hat, denn ich konnte zu dem Zeitpunkt nur „Kippis“ (Prost), „Yksi, Kaksi, Kolme“ (Eins, Zwei, Drei – Wie auch immer das geschrieben wird) und „Moi“ (Hallo). Nachdem ich mit ihr mein gesamtes Wissen über die finnische Sprache geteilt habe, geht es auch schon los und wir steigen in den Flugapparat.

Bullauge

Fliegen ist toll! Ich merke, dass ich viel zu lange nicht mehr geflogen bin. Klarer Himmel, keine Wolke und der Luftbus trägt uns nach Norden. Unter mir sehe ich das dicht besiedelte Deutschland. Etwas Wald, viele Felder und sehr viele Häuser und Straßen.

Deutschland von oben

Eine nette Flugbegleiterin spricht mich an. Ich schaue sie verdutzt und in Gedanken versunken an. Sie spricht mich erneut an. Der nette Mann neben mir erklärt mir auf Englisch, dass ich die „Jalousie“ des Nachbarfensters hoch ziehen soll. Die Stewardess entschuldigt sich dafür, dass sie mich für einen Finnen gehalten hat. Kein Problem. Das wird mir wohl in den nächsten Monaten noch öfter passieren und ist wohl meinem skandinavischen Aussehen zu zurechnen. Wenigstens kann ich mich dann gut „verstecken“, wenn ich möchte.

Ich unterhalte mich mit meinem Sitznachbarn. Er ist Finne, fliegt sehr viel und vertritt ein Unternehmen für Pharma- und Kosmetik Produkte. Von seinen vierunddreißig Flügen ist er dieses Jahr nur zwei Mal „Economy“ geflogen. Gestern hat er sich mit dem EU Botschafter von Singapur unterhalten und vorgestern hat er mit dem Bürgermeister von Neu-Delhi gegessen. Mmmh, da kann ich nicht mithalten. Das Gespräch ist trotzdem sehr gut und wir vertreten die gleichen politischen Ansichten.

Und schon erreichen wir Helsinki. Hier liegen fünf Stunden Aufenthalt vor mir. Es ist deutlich kälter als in Frankfurt. Circa 16 Grad. Ich bin froh mich heute morgen doch für eine lange Hose entschieden zu haben. Wir haben 15:10 Uhr und mein Flug nach Oulu geht um 20:20 Uhr. Nach einem Kaffee für 3,40 Euro und einem kleinen Sandwich für 5,20 Euro merke ich, dass mir das Leben im Flughafen auf Dauer zu teuer wäre. Vielleicht ist es doch besser, weiter zu fliegen! Nach weiteren zwei Stunden habe ich alles vom Flughafen Helsinki – Vantaa gesehen und fühle mich wie Tom Hanks in „Terminal“.

Zum Glück gibt es „Fee Wi-Fi“ und ich kann mich etwas mit der Heimat unterhalten. Endlich beginnt das Boarding und ich darf in den kleinen A319 steigen, der mich nach Oulu bringen soll. Ich verlasse den internationalen Flughafen von Helsinki, auf dem man sich auch noch irgendwie international fühlt, da sämtliche Sprachen zu hören sind. Ich steige in eine Maschine in der überwiegend Finnisch und wohl auch ein wenig Englisch gesprochen wird und realisiere, dass ich jetzt mich gleich wirklich in einem völlig fremden Land befinden werde. Ich kann nicht mehr damit rechnen verstanden zu werden oder andere Personen zu verstehen. Naja, einfach nett lächeln! Das wird schon helfen.

AY359

Keuchend schiebt meine Sitznachbarin ihre Tasche unter ihren Vordersitz. Ihren Trolli hat sie bereits in der Gepäckablage verstaut. Ich muss schmunzeln und erahne, dass ihr Handgepäck wohl mehr als mein gesamtes Gepäck wiegen muss. Natürlich helfe ich ihr und verdiene mir damit das nächste Gespräch.

Fliegen ist toll! Habe ich das eigentlich schon erwähnt? Das würde ich gerne das ganze Jahr machen. Die Landschaft von oben betrachten und mich mit völlig fremden Menschen unterhalten. Ich schreibe dann ein Buch mit Kurzgeschichten. Keine schlechte Idee oder?

Nachdem sie mir von einer Motorradtour in Norwegen erzählt hat, von ihrem Mann und seinem Job und wir uns über Oulu unterhalten haben, werden wir auch schon aufgefordert unsere Gurte zu schließen, weil wir in wenigen Minuten in Oulu landen werden.

Über den Wolken – Muss die Freiheit wohl grenzenlos sein!

Der Flug war wieder klasse. Wieder keine Wolken. Goldenes Licht von der untergehenden Sonne und eine Landschaft, bei der einem die Kinnlade herunterfällt! Zahllose Seen und dichter Wald. Dazwischen ein paar einsame Straßen und kleine Ansammlungen von Häusern. Traumhaft. Auch wenn ich Deutschland mag, gefällt mir dieser Anblick wesentlich besser. Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich gerne nochmal nach Helsinki und wieder nach Oulu geflogen.

Die Flughäfen werden wohl immer kleiner, je weiter man sich von Frankfurt entfernt. Helsinki, war noch etwas größer. Der Flughafen in Oulu wirkt dagegen sehr klein und das Terminal ist nahezu leer. Ich hole mein Gepäck ab und freue mich, dass auch mein Koffer den Weg nach Oulu gefunden hat. Am Ausgang wartet bereits ein freundlicher Taxi-Fahrer mit meinem Namen (Danke Papa!).

The Transporter

Ich werde zu meinem Hotel gefahren. Es sieht etwas dürftig aus. Aber ich bleibe ja nur zwei Nächte und darf dann hoffentlich mein Zimmer im Studentenwohnheim beziehen. Nach einer sehr schönen Reise knipse ich das Licht aus und denke mir: „Ich sollte wirklich öfter in der Welt herumfliegen!“.

Willkommen in Oulu

Rrrriing rrriiing. Arrgh, dummer Wecker! Mmmh, wo bin ich denn hier? Achja richtig: Oulu, Forenom Hotelli, Zimmer 201.

Mein Hotelzimmer

Ich erinnere mich an ein Plakat, das ich gestern auf dem Weg vom Flughafen zu meinem Hotel gesehen habe: „Oulu, die Hauptstadt des nördlichen Skandinaviens“. Ich habe den Namen dieser Stadt ehrlich gesagt auch noch nie gehört, bevor ich mich über unsere ERASMUS Partner-Universitäten informiert habe und bin sehr gespannt, was die Stadt zu bieten hat. Im Tageslicht wirkt das Innere des Hotels, in dem ich aufgewacht bin, relativ sauber und modern. Bevor ich überlegen kann was ich an meinem ersten Tag in Oulu alles tun möchte, meldet sich mein Magen und fordert mich auf nach Essen zu suchen. Da ich kein Frühstück gebucht habe, bin ich gezwungen das „Forenom Hotelli“ zu verlassen und gehe einfach mal drauf los. Natürlich vermeide ich es zu oft die Richtung zu wechseln, da meine Orientierung noch äußerst dürftig ist. Ich gehe auf gut Glück die nächste Straße herunter und werde fündig: Ein sehr hübsch eingerichtetes Kaffee! Ich trete ein und werde gleich darauf von einer netten Dame mit „Tervetuloa!“ (Willkommen) begrüßt. „Hey, sorry but do you speak English?“. Natürlich spricht sie Englisch. Wie ich bald merke tun das hier fast alle sehr gut! Sie erklärt mir, dass ich mir mein Frühstück selbst zusammenstellen kann und dann bei ihr bezahle. Wow, dass sieht lecker aus! Die Finnen scheinen eher süß zu Frühstücken, denn ich sehe verschiedene Teilchen und Croissants. Ich würde am liebsten direkt alles ausprobieren. Ein kurzer Blick auf die Preisschilder hält mich davon ab. Das Croissant kostet 2,50 Euro, eines der Teilchen 2,20 Euro und ein Kaffee 2 Euro. Na gut, dann wird es eben einen „italienisches“ Frühstück und ich nehme mir einen Kaffee und ein Teilchen. Das Preisniveau in Finnland scheint wohl doch etwas höher zu sein, als in Deutschland. Vielleicht auch die Löhne? Neben mir sitzen zwei Männer von der Müllabfuhr und frühstücken gemütlich. Ich genieße mein Frühstück. Im Hintergrund läuft Jack Johnson. Gar nicht so verkehrt hier! Nach einem gemütlichen Frühstück gehe zurück zum Hotel. Ich habe mich dort mit Rita verabredet. Meiner „Kumni“. Sie wird mir hoffentlich dabei helfen, mich in Oulu zurecht zu finden. Ich sehe sie bereits aus der Ferne. Ein kleines blondes Mädchen mit Brille steht vor dem Hotel(li). Sie ist komplett in schwarz gekleidet und schaut mich mit einer, für Finnen wohl üblichen, neutralen Mimik an. Ich gehe rheinländisch lächelnd auf sie zu und begrüße sie: „Rita? (Sie nickt) Moi, mikä kuuluu?“ (Hallo, wie geht es dir?). Ihr Mundwinkel zucken leicht nach oben (Sie scheint mich ansatzweise verstanden zu haben) und antwortet auf Finnisch. Als sie meinen fragenden Blick sieht, beginnt sie Englisch zu sprechen. Gutes Englisch. Besser als meins. Hier eine kurze Zusammenfassung: Rita ist 24, verheiratet, stammt aus Kuusamo, studiert parallel „Literatur“ und Wirtschaftsinformatik und spricht Russisch, Englisch und Japanisch. Nicht schlecht. Während Sie mir all das sehr sachlich erzählt, schlendern wir durch die Stadt. Ab und zu zeigt sie auf ein Gebäude und erklärt mir worum es sich handelt (Rathaus, Kirche, Einkaufsstraße, Versammlungshalle, günstiges Restaurant etc.). Die Stadt wirkt sehr sauber. Es gibt einige ältere Gebäude, die gut in Schuss gehalten worden sind. Die Innenstadt ist klein und übersichtlich. Alle Straßen sind gerade angelegt und erinnern etwas an eine amerikanische Großstadt.

Ich drücke gelegentlich meine Bewunderung über das ein oder andere Gebäude aus. Rita antwortet jedes Mal mit einem kurzen „Mmmh“. Ich versuche aus ihrer Mimik zu entziffern, was sie damit meint. Stimmt sie mir zu oder eher nicht? Keine Chance. Finnen scheinen ein sehr gutes Pokerface zu haben! Das „Mmmh“ scheint wohl so etwas zu bedeuten wie „Nachricht empfangen“. Die Aussage wird neutral im Rauen stehen gelassen und muss jetzt nicht unbedingt kommentiert werden. Wenn ich eine Antwort haben möchte, muss ich den Satz wohl als Frage formulieren. Unabhängig von der etwas einseitigen Kommunikation verstehen wir uns aber gut.

Am Nachmittag kommen zwei Kommilitonen der Universität Koblenz-Landau in Oulu an. Nick und Tom. Leider schaffe ich es nicht sie beim Flughafen abzuholen, weil Rita nicht weiss wo der Bus abfährt. Sie fährt hauptsächlich Fahrrad. Letztendlich werden wir fündig. Die Busse fahren durch die Innenstadt und meiden den Hauptbahnhof. Etwas gewöhnungsbedürftig. Ich rufe die Beiden an und teilen ihnen mit welchen Bus sie nehmen und wo sie aussteigen sollen. Ich warte auf Nick und Tom. Rita holt in der Zwischenzeit eine Austauschstudentin aus ihrer Gruppe, die in einem nahegelegenen Hotel wohnt. Nach einiger Zeit kommt sie zurück und stellt mir „Delphine“ vor. Sie kommt aus Frankreich und spricht ein umwerfend dialekthaltiges Englisch. Ich suche in den tiefen meines Gedächtnisses und krame ein paar Brocken vermoderndes Schulfranzösisch hervor. Sie lächelt Nach ein paar Minuten kommen die beiden „Koblenzer“ hinzu und ich werde mit einem grinsenden „Gude“ begrüßt. Ich bin ja noch nicht lange in Finnland, aber das habe ich schon vermisst. Wir bringen das Gepäck der beiden ins Hotel und gehen gemeinsam durch die Stadt.

(Von links nach rechts) Delphine, Tom und Nick

Auf dem Weg Richtung Hafen kommen wir zu einem kleinen Platz mit dem Maskottchen der Stadt „Toril Poliisi“. Es ist eine Statue in Form eines relativ korpulenten Polizisten. Rita erzählt, dass man sich erzählt die Statue wäre zum Spott der Polizei von Oulu aufgestellt worden, weil sie sich bei der örtlichen Verbrechensbekämpfung recht bescheiden angestellt haben soll. Sie gibt uns den Ratschlag unser Fahrrad immer abzuschließen, denn ein unabgeschlossenes Fahrrad würde in Oulu ziemlich zügig den Besitzer wechseln.

Rita, Toril Poliisi und der Markt von Oulu

Wir gehen weiter und betrachten den Markt von Oulu, der sich gleich neben dem dicken Polizisten befindet. Nach ein paar weiteren Schritten gelangen wir zum kleinen Hafen von Oulu. Er sieht nicht gerade aus wie „das Tor zur Welt“, aber hat doch seinen Charme.

Der Hafen von Oulu

Direkt neben dem Hafen befindet sich das Stadttheater und die Bibliothek. Die Aussicht ist sehr schön und wir beschließen auf jeden Fall mal mit einem Bot raus zufahren, um uns die Stadt vom Wasser aus anzuschauen. Nachdem wir uns in aller Ruhe unterhalten haben steht ein Kumni-Wechsel bevor. 

Gepflegte Konversation am Kai

Rita muss gehen und wir bedanken uns für die tolle Betreuung. Dafür kommt der Kumni von Nick und Tom. Er heisst „Juho“. Nachdem wir ein weibliches Exemplar dieser, auf den ersten Blick etwas seltsamen aber sehr interessanten, finnischen Spezies kennengelernt haben, folgt nun ein männliches. „Juho“ ist ebenfalls blond, relativ groß gewachsen und gut angezogen. Er begrüßt und kurz und knapp mit stoischer Miene und schlägt sofort danach vor Bier zu kaufen und sich vor eines der Lokale zu setzen. Sympathischer Kerl. Wieder sind wir etwas von dem finnischen Preisniveau geschockt. Sechs Euro für ein Bier. *Schluck*. Dafür bekommt man daheim ja fast einen ganzen Kasten. Naja, was soll der Geiz. Wir sitzen vor einem schönen Panorama, lernen Juho kennen und genießen (wirklich) jeden Schluck von unserem Bier. Juho studiert an der Oulu Business School, geht gerne in die Sauna (wer hätte das gedacht?) und feiert gerne. Er erzählt uns von vielen vergangenen und zukünftigen Partys. Begeistert spricht er von dem Stadtfest. Dort sitzen die Leute auf Tischen und trinken zusammen. Es gibt Pausen, bei den man aufstehen darf, um auf Toilette zu gehen. Muss man außerhalb der Pause auf Toilette drohen einem Strafen. Beispielsweise soll man einen halben Liter warmes Wasser trinken oder vor allen anderen ein halbes Hähnchen verspeisen. Dabei wird man dann ausgelacht. Okay. Wir schauen uns gegenseitig an, versuchen unsere „Begeisterung“ zu unterdrücken und nicken freundlich.

Mjammjam

Juho zeigt uns ein sehr gutes und ausnahmsweise auch relativ günstiges Burger-Restaurant. Er verlässt uns und wir essen dort gemütlich zu Abend. Ein schöner erster Tag, mit vielen Eindrücken von der Stadt und der finnischen Kultur!

Ankommen und Umziehen

Nach zwei Nächten im Forenum Hotelli war es endlich so weit. Der offizielle Semesterstart stand bevor und auch mein Umzug in ein Studentenwohnheim. Wir (Delphine, Nick, Tom und Flemming) waren um 13:00 Uhr mit Juho verabredet. Der Pate („Kumni“) von Nick und Tom hatte sich freundlicherweise dazu bereit erklärt ein Auto zu organisieren und uns zusammen zur Universität von Oulu zu fahren. Wir stehen vor dem (nicht gerade beeindruckenden) Hauptbahnhof der Stadt und halten Ausschau nach einem BMW. Wir hatten natürlich am Tag zuvor über das beliebteste Exportgut der Bundesrepublik gesprochen. Das Thema hatte Begeisterung bei Juho ausgelöst. Nachdem wir ein paar Minuten die Rautatienkatu (dt. „Eisenstraße“) beobachtet haben und einige andere deutsche Autos gezählt haben, biegt ein 3er um die Ecke. Juho steigt mit einem dezenten stolzen lächeln aus dem Auto und begrüßt uns. Wir schauen auf das Auto. Auf unser Gepäck. Und wieder aufs Auto. Tolles Auto, aber es könnte doch etwas eng werden! Wir lassen uns nicht abhalten es dennoch zu versuchen, denn der Weg mit dem Bus wäre laut Juho um einiges länger und beschwerlicher. Schließlich sitzen alle drin. Jeder hat ein Gepäckstück auf dem Schoß. Juho kann leider nur noch gerade aus schauen, denn auf dem Beifahrersitz stapeln sich Koffer. Darunter befindet sich Nick. Er hat seine Rückenlehne komplett nach hinten gestellt. Sie liegt auf meinen Beinen und ich habe Mühe das Gepäck und Nick davon abzuhalten mich zu zerquetschen. Juho zündet den Motor und fährt los. Der etwas ältere 3er hat jetzt noch mehr Stil als vorher: Voll konkret tiefergelegt, ne ;-). Wir sprechen (etwas gepresst) über die, in den nächsten Stunden stattfindende, Einführungsveranstaltung in der Universität. Nach zwanzig etwas anstrengenden, aber sehr amüsanten Minuten kommen wir auf dem Parkplatz der Universität an.

Wow, stehen hier viele Fahrräder! Scheinbar verzichten viele Studenten, wie meine Kumni Rita, auf den öffentlichen Nahverkehr und nehmen lieber das Fahrrad. Wir gehen Richtung Haupteingang. Das Gebäude liegt mitten im Wald und wirkt auf den ersten Blick etwas klein. Irgendwo müssen die ganzen Fahrradfahrer doch sein!? Ein weiter Blick auf eine Übersichtstafel verrät uns, dass wir nur die Spitze des Eisbergs sehen. Die Gebäude der Universität sind alle miteinander verbunden, relativ flach gebaut und erstrecken sich über eine beachtliche Fläche.

Abgestellt und nicht abgeholt

Wir sollen unser Gepäck in einem anderen Teil des Gebäudes abgeben und müssen dafür gefühlt einen halben Kilometer laufen. Das erinnert mich doch sehr an den Frankfurter Flughafen! Nachdem wir unser Gepäck abgegeben haben, finden wir viele weitere Austauschstudenten. Man erkennt sie daran, dass sie ratlos und verzweifelt herumlaufen oder in kleinen Trauben hinter ihrem oder ihrer Kumni folgen. Wenn trotzdem Zweifel bestehen hilft ein kurzes Lächeln. Ist es ein oder eine Finnin schaut die Person sofort weg. Handelt es sich um einen oder eine Austauschstudentin lächelt die Person zurück. Ich treffe unter anderem Bruno aus Brasilien, Haixin aus China, Leire aus Spanien (Korrektur: Aus dem Baskenland), Miyuki aus Japan und Julia aus Bamberg. Na das wird auf jeden Fall spannend und liefert viele Stunden Gesprächsstoff! Unabhängig von unserer Herkunft und Hautfarbe stehen wir vor einer unmittelbaren Herausforderung, die uns trotz aller kultureller Unterschiede zusammenschweißen wird: Wir müssen uns durch alle Teile des Gebäudes und einen tiefen Bürokratie-Dschungel kämpfen. Hier nur eine kurze Auflistung der Aktivität in dem etwas Verbesserungswürdigen „onboarding“ Prozess der Universität von Oulu: Mitgliedschaft für die Studentenvereinigung bezahlen (Wichtig, da man sonst den vollen Preis in der Mensa bezahlen muss), Erasmus Karte abholen, Sport Pass bezahlen, Studentenausweis beantragen (Vorübergehender Ausweis wird sofort ausgestellt, der richtige Ausweis wird in Helsinki gedruckt, Lieferzeit circa 3 Wochen – und das für 4 Monate?), Weboodi (Hochschulinformationssystem) Passwort abholen, Mietvertrag unterschreiben. Äächtz. Und wo ist der Knopf mit dem ich all das auf einmal machen kann? Den gibt’s leider nicht und so verbringe ich den Tag mit vielen netten und vor allem interessanten Warteschlangengesprächen.

Schlange stehen (toller Sport!)

Zwischendurch essen wir gemeinsam in der Mensa, beziehungsweise in einer Mensa denn es gibt mehr als fünf (Ich habe wahrscheinlich immer noch nicht alle entdeckt). Das Essen an sich ist nicht besonders erwähnenswert. Weder im negativen Sinn, noch im positiven. Etwas gewöhnungsbedürftig ist, dass die Finnen zum Mittagessen Milch trinken. Als Alternative steht aber auch Wasser bereit. Nach weiteren Anträgen, Unterschriften und Stunden in diversen Warteschlangen ist der Tag auch schon vorüber. Aber ein letztes Highlight steht noch bevor. Ich darf meine Wohnung beziehen und lerne endlich meine Mitbewohner kennen! Rita begleitet mich in den Stadtteil „Alpilla“.

Tirolintie 2A und B

Dort befinden sich zwei (von vielen weiteren) Studentenwohnheime. Die nähere Umgebung sieht schon mal ganz angenehm aus. Man sieht hier (und in der ganzen restlichen Stadt) fast gar keine Einfamilienhäuser. Die Finnen bauen etwas höher, lassen dafür aber relativ viel Platz zwischen den Gebäuden. Die Zwischenräume sind mit Bäumen, Sträuchern und Wiesen bepflanzt, sodass ein „Plattenbau“ Panorama vermieden wird und die Wohnviertel insgesamt sehr entspannt wirken. Wir fahren in den achten Stock und betreten mein Apartment. Hinter der Tür stehen ein paar Schuhe. Ich blicke aus dem Fenster. Wow, tolle Aussicht! In etwas weiterer Entfernung ist ein See zu erkennen.

Blick aus dem Küchenfenster

Unmittelbar nach dem Betreten der Wohnung stehen wir in der Küche. Diese wirkt relativ großzügig ausgestattet. Herd, Kühlschrank, Geschirr, ein Tisch, zwei Stühle und eine Coach. Scheint ja alles da zu sein, was man so braucht. Rita schaut mit Kennerblick in die Schränke, nickt ab und zu kurz und scheint mir gute Überlebenschancen zu zurechnen. Plötzlich steht ein Mann vor uns und blickt uns vorsichtig an: „Hello, who are you?“. Wir stellen uns vor. Sein Name ist Reda („Cheda“), er studiert Medizintechnik, ist Franzose mit arabischer Herkunft, hat tiefschwarze Haare und Augen, in etwas so groß wie ich und relativ schlank und sportlich (wie ich ;-). Er ist sehr nett. Gleich darauf lerne ich meinen zweiten Mitbewohner kennen: Michael. Michael kommt aus Nürnberg und studiert in Innsbruck. Ein Franke. Auch er ist sehr nett. Super, dann kann ich zwischendurch wenigstens etwas Deutsch sprechen! Mit meinen Mitbewohnern habe ich anscheinend schon mal Glück gehabt. Ich blicke mich weiter in der Wohnung um und betrete mein Zimmer. Wie auch die anderen Räume ist auch dieses relativ groß. Sehr gut. Ich verabschiede mich von Rita und fange an meine Koffer auszupacken.

Zu Besuch in Oulu (Gastbeitrag)

Nach einigem Hin und Her, welches hauptsächlich durch Planänderungen meinerseits entstanden war, steht nun doch endlich fest: Planmäßige Ankunft in Oulu 03.09. 20:27 Uhr!

Ich steige aus dem Zug, sehe mich auf dem Bahnsteig um und erblicke nach vier Wochen endlich wieder ein bekanntes Gesicht: Flemming!

Alte Freunde

Nach einer freudigen Begrüßung machen wir uns auf den Weg zur Bushaltestelle, denn als Flemming meinen riesigen Rucksack sieht, möchte er mir den Fußmarsch vom Bahnhof bis zum Studentenwohnheim nicht zumuten. Auf dem Weg dorthin erzähle ich Flemming von meiner bisherigen Reise und er mir wiederum von seinen ersten Tagen in Oulu.

Im Studentenwohnheim angekommen werde ich dann mit Reda, dem ersten von Flemmings Mitbewohnern bekannt gemacht. Während ich noch meine Sachen auspacke fackeln Flemming und Reda nicht lange und tragen mir eine Matratze aus dem Hausflur in die Wohnung, auf der ich mein Nachtlager erichten kann.

Flemmings Zimmer

Erst am nächsten Morgen lerne ich Michael, den dritten WG- Bewohner kennen, welcher, wie Reda auch, wirklich nett ist.

Gegen Mittag machen Flemming und ich uns dann auf den Weg in die Innenstadt, genauer gesagt zum Toripoliisi, dem Stadtmaskottchen auf Oulus Marktplatz.

Zu Befehl Toripoliisi!

Hier würde für die internationalen Austauschstudenten eine Stadtführung stattfinden – und naja, ich bin ja auch Student und wer kann schon zu einer gratis Stadtführung nein sagen?

Auf dem Marktplatz versammeln sich immer mehr Studenten, sodass wir in verschiedene Gruppen eingeteilt werden. Dabei kommen Flemming und ich in getrennte Gruppen, was aber nicht weiter schlimm ist, denn schließlich kann man so neue Bekanntschaften machen.

So lerne ich z.B. Flemmings Kommilitonen Leire und Michael besser kennen, welche mir beide auf Anhieb sympathisch sind.

Nach der doch eher weniger touristischen Führung, treffen sich dann alle Gruppen wieder am Stadtstrand und ich werde noch mehr Kommilitonen vorgestellt. Um 18 Uhr geht es dann zur Uni, denn Flemming möchte sich ein Fahrrad kaufen. Eine Augenweide ist es nicht gerade und in Mainz möchte ich darauf nicht von einem Polizisten angehalten werden, aber es hat die richtige Größe, zwei Reifen, Bremsen und auch sonst sind alle wirklich wichtigen Teile dran.

Wäsche waschen, Krafttraining und Schwimmen standen auch noch auf dem Plan. Abends machen wir uns dann auf den Weg zur Eishockeyhalle. Oulun Kärpät (Wiesel) gegen Vienna Capitals. Zum Glück habe ich mir vorher noch die wichtigsten Regeln durchgelesen. Obwohl sich bereits in den ersten Minuten zeigt, dass die Wiener Gäste deutlich unterlegen sind, entwickle ich eine gewisse Zuneigung zu der Mannschaft aus Österreich. Wie sich später herausstellt, bin ich damit auf einsamen Posten und das auch zu Recht. Die Kärpäts schlagen die Vienna Capitals mit 4 zu 0 Toren. – Scheinbar sind die Kärpäts wirklich flink wie Wiesel.

Oulun Kärpät vs. Vienna Capitals

Für heute Abend haben wir uns zum Essen verabredet. Ich will mich bei Michael, Reda und Flemming für die freundliche Aufnahme und kostenlose Unterkunft bedanken und habe alle Zutaten für ein indisches Curry gekauft. Da Redas Freund Hugo, Leire und Delphine auch kommen, brauche ich alle Töpfe und Pfannen die die WG-Küche hergibt um das ganze Essen gleichzeitig zubereiten zu können.

Beim Kochen werde ich fleißig von den anderen unterstützt – und ja, es hat richtig Spaß gemacht, endlich mal wieder für eine ganze Bande zu kochen 

Zum Essen ziehen wir dann mitsamt Tisch und Stühlen in den Flur des Wohnheims und nachdem alle satt und zufrieden sind gesellen sich auch noch die restlichen Austauschstudenten des 8. Stocks zu uns und wir lassen den Abend mit lustigen Spielen ausklingen.

Curry für alle!

Montag setze ich dann meine Finnlandreise fort, denn ich möchte nach Lappland um die Nordlicher und den Weihnachtsmann zu sehen.

Doch wie sich bald herausstellen wird, dauert es nicht lange, bevor ich noch einmal nach Oulu zurückkehre.

Das war es von mir, die nächsten Blogeinträge muss Flemming wieder selbst schreiben.

Liebe Grüße
Janik

Unter Finnen

Rokua Nationalpark. Eine Hütte mitten im Wald. Daneben ein See. Malerisch.

Fünf Austauschstudenten mitten in der finnischen Wildnis

In der Hütte (fin. „Møkki“) befinden sich 49 finnische und 5 Austauschstudenten. Einer der fünf Austauschstudenten bin ich. Ja, ich gebe es zu: Als ich die Einladung zu diesem Wochenende gelesen habe, war ich äußerst skeptisch! Ist das wirklich eine gute Idee, mit so vielen Finnen zu einer einsamen Hütte im Wald zu fahren?

Unser „Møkki“

Meine bisherigen Kontakte mit dem nordischen Volk waren (von Rita und Juho abgesehen) nicht besonders überragend und haben diverse Vorurteile mehr bestärkt als entkräftet (z.B. fragwürdiger Geschmack und starke Introvertiertheit). Mit meinen Bedenken im Hinterkopf habe ich den Entschluss gefasst, dass Abenteuer zu wagen. Allerdings mit der Bedingung, dass mich ein paar Austauschstudenten begleiten, damit ich mich eventuell nicht so einsam fühle. Nach harter Überzeugungsarbeit und vielen Absagen konnte ich Delphine (Frankreich), Leire (Baskenland), Florent (Frankreich) und Simon (Deutschland) davon überzeugen mich zu begleiten.

Es ist nun 11:30 Uhr am Samstag Morgen und ein paar Studenten haben es bereits geschafft aufzustehen. Schon nach der ersten Nacht kann ich voller Überzeugung sagen: „Ich bereue es nicht hier mitgefahren zu sein!“. Die finnischen Studenten erwiesen sich als äußerst aufgeschlossen, interessierte und weltoffene Zuhörer, gute Unterhalter und echt gute „Party People“! Um die Behauptungen zu stützen folgt eine kurze Zusammenfassung des gestrigen Abends.

Nachdem wir uns am Freitag Nachmittag in Oulu vor der Universität versammelt haben, steigen wir in einen Bus. Ich fühle mich nicht so richtig fit, da wir gestern das Ende der studentischen Woche (4 Werktage) zelebriert haben. Nach circa einer Stunde kommen wir bei „Tieto“ an.

Eintritt bei „Tieto“

Als Zwischenstopp auf unserem Weg zum Mokki ist eine Unternehmensführung geplant. „Tieto“ ist ein Entwickler für Laborsoftware. Wir betreten das Gebäude und werden mit Kaffee und Snacks begrüßt. Das Unternehmen ist mir gleich sympathisch. Den Kaffee kann ich nach der gestrigen Nacht sehr gut gebrauchen! Ich stelle mich einem der Mitarbeiter vor und wir kommen schnell ins Gespräch. Ich erzähle ihm, dass meine Schwester als MTA (Medizinisch-Technische Assistentin) arbeitet und das sie täglich mit sehr viel Technik beziehungsweise Software zu tun hat. In Koblenz gibt es außerdem auch ein Unternehmen, das medizinische Software spezialisiert ist. Zufällig ist der Mitarbeiter, mit dem ich spreche, eine der vortragenden Personen. Ein glücklicher Zufall, denn er lässt sich spontan dazu überreden die Präsentation auf Englisch zu halten und nicht auf Finnisch, wie eigentlich vorgesehen. So haben wir die Chance einen sehr interessanten Vortrag über das Softwareunternehmen zu hören. Leider wird ein Teil des Vortrags von einem Herrn mit einer sehr finnischen Vortragsweise gehalten. Die finnische Sprache besitzt keinerlei Betonung. Viele Finnen sprechen daher auch ohne Betonung Englisch. Man kann sich das ein wenig so vorstellen wie ein Text, der von einem Computerprogramm wiedergegeben wird. Mir fällt es daher (auch aufgrund geringfügiger Nachwirkungen des gestrigen Abends) etwas schwer dem Herrn zu folgen. Wir verlassen das Unternehmen und setzen unsere Fahrt Richtung Møkki fort. Einige meiner für finnische Verhältnisse sehr extrovertierteren Begleiter erzählen mir, dass ihnen der Besuch nicht so gut gefallen hat. Warum? Normalerweise würde es bei einem Unternehmensbesuch immer Bier geben! Bevor wir unser Ziel erreichen machen wir einen weiteren Zwischenstopp bei einem Supermarkt. Dieser wird ausgiebig geplündert, schließlich möchte man am Wochenende gut verpflegt sein. Nach einer weiteren halben Stunde Fahrt biegt der Bus plötzlich in den Wald ab. Endlich sind wir da. Das „Møkki“ ist großzügig ausgestattet.

Blick in die geräumige und belebte Küche der Hütte

Nachdem wir unser Zimmer bezogen haben, versammeln sich alle im Aufenthaltsraum der Hütte. Der Vorstand der Studierendengemeinschaft „Blanko“ begrüßt uns. Wir fünf Austauschstudenten werden nochmal extra erwähnt, denn wir sind die ersten Austauschstudenten, die es gewagt haben an der Herbstexkursion von Blanko teilzunehmen! Auwei, war das jetzt besonders dumm oder besonders mutig? Nach der Begrüßung folgt eine Vorstellungsrunde, bei der jeder einen schlechten Witz zum Besten geben darf. Finnischer Humor ist etwas gewöhnungsbedürftig und sehr „schwarz“. Die Witze konzentrieren sich hauptsächlich auf die Themen „Juden“, „Babys in Briefkästen“ und „Norweger und Schweden“. Ich verzichte an dieser Stelle auf etwaige Beispiele. Man versichert uns hinterher allerdings glaubwürdig, dass die Witze nicht ernst genommen werden dürfen! Kaum ist die Vorstellungsrunde vorbei, werden Flaschen ausgepackt und dem finnischen „Nationalsport“ nachgegangen: Saufen. Sobald jemand eine Flasche offen auf den Tisch stellt, ist diese damit für alle an dem Tisch befindlichen Personen zur Verfügung gestellt worden. Dabei wird auf die Benutzung von Gläsern verzichtet und brüderlich aus einer Flasche getrunken.

Die Kaufentscheidung bei Getränken hängt, nach eigenen Aussagen der Sportler, von dem Verhältnis von Preis zu Alkoholgehalt der angebotenen Getränke ab, da Alkohol in Finnland sehr teuer ist. Zum Beispiel kostet die billigste Flasche Wein in etwa 8 Euro. Der Effekt der hohen Steuern auf alkoholische Getränke ist, dass sich die finnischen Studenten größtenteils mit billigen Getränken begnügen und die Studenten in Deutschland mit qualitativ hochwertigeren. In einem Gespräch über das Thema „Alkoholsteuer und deren Sinnhaftigkeit“ wird mir allerdings erzählt, dass die Alkoholsteuer doch schon ihren Sinn hätte und das die Studenten wahrscheinlich noch mehr trinken würden, wenn es diese Steuer nicht geben würde! Aha, wirklich noch mehr? Wie soll das bitteschön gehen? Da ich (wie bereits erwähnt) am Abend zuvor ausgiebig gefeiert habe, halte ich mich zurück und verzichte selbstlos und zugunsten meiner Kommilitonen auf Wodka, Rum, Branntwein und Bier. Nach nicht all zu langer Zeit hat der Alkoholpegel der Anwesenden das „Sauna Level“ erreicht. Da kann auch ich nicht „Nein“ sagen. Es folgen ein paar drastische, aber sehr schöne, Temperaturwechsel (Sauna -> See -> Sauna -> See…) und weitere interessante Gespräche. Wer Finnen kennenlernen möchte sollte saufen oder saunieren (oder Beides)!

Møkki Party

Im Rahmen dieser Aktivitäten werden die kühlen Nordeuropäer lebendig und offenbaren interessante und sehr individuelle Persönlichkeiten. Danach gehen wir in sehr entspanntem Zustand zurück in die Hütte. Dort wird weiter getrunken und schon bald ist der „Tanzpegel“ erreicht. Dieser liegt bei Finnen wohl deutlich über dem Durchschnitt anderer Nationen. Ist er allerdings einmal erreicht kennen sie kein Halten mehr und lassen das Møkki beben. Ich verabschiede mich irgendwann, da mir der Tanz ohne Eis Hockey Ausrüstung dann doch etwas zu gefährlich wird und gehe schlafen.

Luxus mit Landsleuten

Tag 1 (Freitag, 9.10)

Vor ein paar Tagen las ich die Nachricht in einer Whatsapp Gruppe:

Mökki nahe Kuusamo. Mitfahrer gesucht. Freitag (9.10) 12 Uhr bis Montag (12.10) 12 Uhr. 12 Personen.

Das klingt doch eigentlich ganz gut! Da ich am kommenden Wochenende noch nichts vor hatte, entschied ich mich spontan an der Expedition teilzunehmen. Nach ein paar Stunden wurde ich zu einer Chat Gruppe hinzugefügt, die zu Koordinationszwecken für die gemeinsame Planung des Wochenendes eingerichtet wurde. Ich nehme die Namen der anderen Expeditionsteilnehmer zur Kenntnis: Robin, Florian, Verena, Christian… alles deutsche Namen! Und ja, es stellt sich heraus, dass ich mich am folgenden Wochenende ausschließlich unter Landsleuten befinden werde! Mir ist plötzlich etwas mulmig zumute. Soll ich mich tatsächlich einmal komplett der internationalen Vielfalt, die mein Auslandsaufenthalt bis jetzt geboten hat entziehen? Ich habe doch gestern erst noch mit meinem Mitbewohner Reda darüber gesprochen, dass es einige Studenten gibt, die in Finnland vorwiegend den Kontakt mit Studenten gleicher Nationalität suchen. Wir waren einer Meinung, dass das eigentlich ein falsches Verhalten für einen Auslandsaufenthalt ist, da man doch selten die Chance hat, seinen überwiegend auf die nationale Kultur beschränkten Horizont zu erweitern. Da ich mich während meines bisherigen Aufenthalts in Finnland allerdings hauptsächlich unter Studenten aller erdenklichen Nationalitäten aufgehalten habe, brauche ich mir wohl keine Sorgen zu machen und kann mir getrost eine „Auszeit“ unter Deutschen gönnen. Lange Rede, kurzer Sinn: Schon ist es Freitag. Ich packe meine sieben Sachen und fahre mit dem Bus zu unserem Treffpunkt neben dem berühmt berüchtigten Studentenwohnheim Yliopistukatu 16 alias „Club 16“. In diesem sind sehr viele spanische Studenten untergebracht, die es sich zur Aufgabe gemacht haben die finnische Kultur mit „mucha emoción“ und heftigen Partys zu erschüttern.

Das Expeditionsteam

Vor dem Eingang des Gebäudes stehen Nick, Adrian, Sören und Christian. Die ersteren Beiden sind mir bereits bekannt, die beiden letztgenannten nicht. Sören und Christian sind keine Austauschstudenten, sondern reisen aus purem Spaß an der Freude durch das schöne Land. Nachdem die Vier den Fußball unter meinem Arm bemerkt haben, verstärkt sich ihr Lächeln. Klar, bei einem „deutschen Wochenende“ darf die, mit dem Fuß zu betätigende, runde Lederkugel doch nicht fehlen! Allmählich trudeln die übrigen Mitfahrer/innen ein und Robin kommt mit einem neunsitzigen Ford Torneo vorgefahren, den er für das Wochenende gemietet hat. Sören und Christian haben einen weiteren Wagen gemietet, sodass alle mitfahren können. Mit geballter Tetris Erfahrung wird das Gepäck verstaut und wir fahren los. Auf der „Autobahn“ (die man für deutsche Verhältnisse eher als Landstraße bezeichnen würde) geht es in Richtung Kuusamo („Kuuuusamo“). Auf der Fahrt lerne ich Maike (Osnabrück) und Tobias (Münster) kennen. Ein sehr nettes Pärchen! Robin steuert den dicken Transporter gekonnt nach Kuusamo. Auch anhand der Tatsache, dass der lediglich sechzehntausend Einwohner große Ort, über mehr als zweihundert Kilometer ausgeschildert ist, lässt erahnen wie dünn das Land besiedelt ist. Wir sehen auf der Fahrt sehr viel Natur und vielleicht mehr Rentiere als Häuser oder gar Menschen.

In Kuusamo angekommen, besuchen wird die Touristeninformation und besorgen uns eine Wanderkarte. Danach geht es in den nächsten Lidl, um neben diversen Notwendigkeiten, des Deutschen liebste Genussmittel zu beschaffen: Grillgut und Bier! Die Kassiererin blick uns etwas geschockt. Sie muss nun nach nachbestellen.

Wir verlassen Kuusamo, fahren eine weitere Viertelstunde und erreichen unser Mökki. Was eine Hütte! Neben einem wunderbaren Blick auf die umliegenden kleineren Erhebungen, inklusive der Ski-Sprungschanze von Kuusamo (genauer gesagt Ruka), hat das Holzhaus einiges mehr zu bieten: 40 Zoll Fernseher, Musik Anlage, Sauna, Waschmaschine, Trockner, eine gute ausgestattete Küche und ein großes Panorama-Fenster im Wohn- bzw. Esszimmer.

Unser „Luxus-Mökki“

Ja… hier lässt es sich wohl gut aushalten! Neben dem Mökki steht eine kleine Grillhütte und ein Holzschuppen (Wenn die Anderen mich ärgern werde ich hier Holzfiguren schnitzen!). Zu der Hütte sollen außerdem zwei Ruderboote gehören, die am nahegelegenen See liegen. Nach ein paar Minuten Erkundung, Staunen und Faszination wird die Funktionstüchtigkeit der Grillhütte geprüft und Würstchen gebrutzelt. Das weitere Geschehen des Abends bleibt ab hier der Fantasie des Lesers überlassen.

Tag 2 (Samstag, 10.10)

*Gääähhn*, Aufstehen, Duschen, Kaffee… okay es kann weitergehen! Womit? Heute nehmen wir den Oulanka Nationalpark unter die Lupe. Wir werden dem Weg des Bären („Bärenweg“) folgen und hoffen, dass wir dem Bär selber nicht begegnen. „Reisegruppenleiter“ Oppermann fährt uns mit dem Bus zum Startpunkt des (lauten eines Informationsschilds) beliebtesten Wanderweg Finnlands.

Oulanka Nationalpark

Und auch Reisegruppenleiter „Brunner“ findet sich mit dem zweiten Auto und den übrigen Expeditionsteilnehmern am Fuß des Wanderwegs ein. Vor uns liegen zwölf Kilometer voller abwechslungsreicher und wunderschöner Landschaften, die nur im Ansatz durch die angefügten Bilder illustriert werden können.

Adrian, Robin und Nick (Team „Number one“) legen ein sportliches Tempo an den Tag. Andere Wanderer (Ich) lassen es gemütlicher angehen. Natürlich auch, weil mit der fotografischen Dokumentation von Flora und Fauna beschäftigt bin. Und so zieht sich das „Peleton“ etwas auseinander. Dass der Weg beliebt sein soll scheint sich zu bestätigen, denn wir begegnen vielen anderen Wanderern. Die Mühe lohnt sich und der Wanderweg bietet sehr viele schöne Aussichtspunkte. Erschöpft, aber zufrieden und begeistert von den optischen Reizen der Natur kehren wir zum Ausgangspunkt zurück. Nach einer kurzen Lagebesprechung verabschieden wir uns vom Oulanka Nationalpark und kehren zu unserem Luxus-Mökki zurück, um uns auszuruhen und danach Spagetti Bolognese zu kochen.

Verdiente Ruhe nach 12 km

Am Abend folgen ein paar Runden „Mäxle“ beziehungsweise „Mäxchen“ und gute Gespräche, begleitet von ein oder zwei Dosen „Karhu“. Friede Freude Eierkuchen? Nein! Unter den Mökki-Bewohnern beginnt es zu brodeln und langsam aber stetig spaltet sich das Lager in zwei Gruppen: Reisegruppe Oppermann gegen Reisegruppe Brunner! Die Ursachen für den den Konflikt sind bis heute umstritten. Experten führen an, dass sie die Situation erheblich verschärfte, als abzusehen war, dass sich die mit großer Vorsicht durchgeführte Kalkulation des Bierverbrauchs als fehlerhaft erweisen würde. Die Vorräte gingen bereits am Samstag Abend und damit einen Tag zu früh, dem Ende zu. Aber es ist nicht nur dieser Umstand, der das Klima innerhalb der Gruppe erhitzt. Auch diverse Gerüchte um einen, um das Haus schleichenden Axt und/oder (man weiss es nicht genau) Kettensägen-Mörder werden zunehmend zu einer Belastung. Unabhängig von diesen, sich verschlechternden, Rahmenbedingungen, ist der Abend sehr gelungen! Ein besonderes letztes Highlight des Abends bietet ein Blick auf den wolkenfreien Himmel. Mitten im dunklen Wald ist die volle Pracht des Himmelzelts zu sehen.

Tag 3 (Sonntag, 11.10)

Aufgrund der Intensität der vergangenen zwei Tage möchte ich einen ruhigen Sonntag verbringen. Bei diesem Vorhaben unterstützt mich die Tatsache, dass ich noch einiges an Literatur zusammenfassen muss, da ich Donnerstags nicht der Vorlesung „Open Source Software Development“ teilnehmen konnte, weil in dieser Zeit eine andere Vorlesung stattfindet. Deshalb muss ich „Strafarbeit“ leisten. Und das obwohl ich nichts für die Veranstaltungsplanung kann. Unfair! Naja, das Thema ist interessant und so beschäftige ich mich an diesem Sonntag Morgen mit der Entscheidung zwischen Open Source Software Lizenzen und der optimalen Strategie zur Nummerierung von Softwareversionen. Nachdem aus der geplanten Stunde doch drei geworden sind, treffen meine Mitreisenden ein. Adrian, Robin und Nick haben sich morgens auf den Weg nach Ruka gemacht, um mit „Fat Bikes“ (Mountain Bikes mit sehr dicken Reifen) die Landschaft zu erkunden und einen hohen Berg zu erklimmen (Respekt für die Motivation!). Alle Anderen nutzten die Zeit, um einen kleinen Morgenspaziergang zu absolvieren und stramme acht Kilometer um den nahegelegenen See zu absolvieren. Die Expeditionsgruppen berichten von ihren Erlebnissen.

Gleich darauf wird das nächste Ziel ins Auge gefasst: Wir gehen Angeln! Am ungefähr 1,5 Kilometer entfernten Anlegeplatz liegen zwei Bote, die zum Haus gehören. Irgendjemand hat auch eine Angel mitgebracht. Leider verfüge ich über keine große Erfahrung in dieser Jagdtechnik. In meiner Kindheit habe ich zwar ein oder zweimal die Schnur ins Wasser halten dürfen, alle Versuche einen Fisch zu fangen blieben allerdings erfolglos. Spaß gemacht hat es natürlich trotzdem (Danke Papa)! Versuchen kann man es ja trotzdem mal! Los geht es!

Das Partyboot sticht in See

Robin fährt uns zum See und wir schieben die zwei Boote ins Wasser. Einen kurzen Augenblick erinnert mich die Szene an Moby Dick. Der Wal ist entdeckt und die Crew eilt voller Jagdeifer zu den Boten, um den praktisch bereits erlegten Fang einzuholen. Im ersten Boot sitzen Florian und Ich. Florian studiert in Friedrichshafen am Bodensee und kann mir einiges über das Angeln beibringen. Im anderen Boot befinden sich Tobias, Maike, Julia und Verena. Trotz Florians ausgeprägter Expertise und allen Bemühungen stellt sich nach einer knappen Stunde Ernüchterung ein. Das Anglerglück ist heute nicht mit uns. Natürlich haben wir alles richtig gemacht, aber manchmal sind einfach widrige Umstände die Ursache für Misserfolg. Ich persönlich schiebe alle Schuld auf Boot 2! Es ist einfach unmöglich neben einem „Partyboot“ einen Fisch zu fangen. Die Fische sind aufgrund der angeregten Konversation in der zweiten Nussschale vermutlich über Land in die umliegenden Gewässer geflüchtet! Wir brechen die Jagd etwas resigniert ab und kehren ans Ufer zurück. An diesem sitzen Adrian, Christian und Robin, die unser Unternehmen mit aller Kraft vom Ufer aus mental unterstützt haben. Nachdem es (nach circa einer halben Stunde) auch der professionelle Anglerverein von Boot 2 geschafft hat, das zweite Boot richtig herum an Land zu bringen, kehren wir zum Mökki zurück. Unterwegs begegnen wir noch einer Rentierherde.

Rentiere

Der Abend ist vom Höhepunkt des Konflikts der beiden Reisegruppen Oppermann und Brunner geprägt. Die Oppermanns besiegen Brunners ganz knapp im Dosen schießen. Ein Glück, dass wir den Fußball dabei hatten! Während die Kampfhähne ihren Konflikt austragen kümmere ich mich um das Feuer. Am letzten Abend soll nochmal gegrillt werden. Ich hacke etwas Holz und möchte gerade zur Grillhütte gehen, da höre ich plötzlich ein rascheln und schnauben. Hinter der Grillhütte kommt ein großer Rentierbulle hervor. Seinen Kopf ziert ein stolzes Geweih. Wie angewurzelt bleibe ich mit dem Holz im Arm stehen. Das Rentier und ich blicken uns mehrere Sekunden, in einem Abstand von etwa fünf bis sechs Metern, an. Mir ist etwas mulmig zumute. Das Tier dreht sein Geweih und stapft in den Wald. Ich atme auf und bringe das Holz in die Hütte.

Wir genießen den letzten Abend in unserem Luxus-Mökki mit einem ausgiebigen Barbecue und gehen relativ früh schlafen, da wir am nächsten Morgen relativ früh los müssen. Nach einem tollen Wochenende geht es zurück nach Oulu!