Digitale Vortragsreihe der Politischen Wissenschaft

Philosophin Eva von Redecker spricht über die “Revolution für das Leben”

„In diesem Buch geht es um das Leben“, schreibt Eva von Redecker in der Einleitung ihres Werkes „Revolution für das Leben. Philosophie der neuen Protestformen“, das im vergangenen Herbst im Frankfurter Fischer Verlag erschienen ist. In ihrem Vortrag, der im Rahmen der digitalen Vortragsreihe der Politischen Wissenschaft am Institut für Kulturwissenschaft im November 2020 stattfand, war sehr viel von diesem Leben zu spüren, aber auch eine gehörige Portion Revolution, wie Vertretungsprofessorin Jeanette Ehrmann am Ende der Diskussion begeistert festhielt.

Mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten an diesem Abend in der Zoom-Konferenz begrüßt werden. Von Redeckers Vortrag, eine Buchvorstellung mit Lesung und anschließender Diskussionsrunde, war der Auftakt der digitalen Vortragsreihe „Kein Zurück zur Normalität. Feministische Positionen für die Gegenwart“. Und er hätte besser nicht gewählt sein können, verschärft die Corona-Pandemie doch brennglasartig die Gefährdung des Lebens, während die Notwendigkeit neuer Gesellschaftsentwürfe immer deutlicher wird.

„Die Grundidee des Buches ist zu zeigen, dass die Art und Weise, wie die moderne Eigentumslogik und die kapitalistische Profitorientierung ineinandergreifen, darauf hinauslaufen, dass Lebensgrundlagen zerstört werden“, erklärt von Redecker zu Beginn der Lesung. Seit rund zehn Jahren zeige sich ein neuer Typus von Protest, auch und vor allem gegen diese Art der Herrschaft, der sich vor allem dem Erhalt der Lebensgrundlagen verschrieben habe. Von Redecker verweist auf Protestbewegungen wie Black Lives Matter oder Fridays for Future, weltweite Bewegungen, die gegen Rassismus und die Klimakatastrophe kämpfen. Diese neuen Protestformen setzen sich für den Erhalt bedrohten Lebens ein, in ihnen sieht die Philosophin die Revolution für das Leben.

„Revolution für das Leben“ – noch ein Buch voller Kapitalismuskritik? Durchaus. Aber ein notwendiges und neu gedachtes! Und so fasst Jeanette Ehrmann am Ende der viel zu kurz erscheinenden Lesung auch zusammen, was sich viele gedacht haben mögen: Dieses Buch ist ein wichtiges, ein grundlegendes Buch, das viele Bewegungen zusammendenkt. „Es hat eine bildhafte, fast schon poetische Sprache, die uns hilft, uns vorzustellen, dass es anders sein könnte und dass es in Nischen und Zwischenräumen schon anders ist. Eine Utopie, die als kollektive Arbeit schon begonnen wurde.“ Und die sicher fortgesetzt wird.

Zwei Veranstaltungen werden Anfang des Jahres noch im Rahmen der digitalen Vortragsreihe stattfinden: Am 12. Januar 2021 wird Luciana Ballestrin, Professorin für Politikwissenschaft an der Universidade Federal de Pelotas (Brasilien), zum Thema „Interrogating Coloniality. Decolonial Feminism as Latin American Subaltern Feminism“ sprechen. Am 9. Februar 2021 ist Céline Barry, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung an der TU Berlin, digital zu Gast. Sie wird über Erkenntnisse der Berliner Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt und deren Bedeutung für eine intersektionale Kritik der Polizei sprechen. Interessierte können sich per E-Mail an Jeanette Ehrmann (jehrmann@uni-koblenz.de) wenden und sich für die Veranstaltungen anmelden.

Weitere Informationen finden sich unter https://www.uni-koblenz-landau.de/de/koblenz/fb2/ik/institut/spw/veranstaltungen_politischewissenschaft/veranstaltungsuebersicht

 


Foto: Paula Winkler

 

Dr. Jeanette Ehrmann vertritt im Wintersemester 2020/2021 die Professur Politische Wissenschaft von Ina Kerner, die derzeit Fellow in der Forschungsgruppe „Global Contestations of Women’s and Gender Rights“ am ZiF (Zentrum für interdisziplinäre Forschung) in Bielefeld ist. Jeanette Ehrmanns Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem in den Bereichen Politische Theorie, insbesondere Demokratietheorie, postkoloniale politische Theorie, feministische Theorie und Rassismus. Zurzeit forscht sie zu postkolonialen Geschlechterverhältnissen und der Krise der Demokratie. Das Forschungsprojekt wird vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert und läuft noch bis zum Jahr 2022.

 

 

Eva von Redecker ist Philosophin, Buchautorin und freischaffende Publizistin. Zurzeit ist sie Marie Skłodowska-Curie Fellow an der Universität Verona. Ihre Forschungsthemen bewegen sich an den Übergängen von Kritischer Theorie und feministischer Philosophie. Sie hat unter anderem „Praxis und Revolution. Eine Sozialtheorie radikalen Wandels“ im Campus Verlag Frankfurt und “Zur Aktualität von Judith Butler. Einleitung in ihr Werk” im Springer Verlag veröffentlicht.